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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0093
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Zeit und Geschichte bei Augustin

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haben, wenn uns das erste den Triumph des Glaubens darstellte, den
Unglauben zum Thema, [...]“- doch muß damit das erstere nicht fort-
fallen. Aber ich frage nicht nach Goethes in diesem Satz beschlossenen
Geschichtsverständnis, sondern nach dem in der Augustindeutung
jeweils mit ihm verbundenen Sinn, in den offenbar mehr Geschichts-
philosophie des Idealismus eingegangen ist als bei Goethe enthalten
war.
Scholz, Löwith, Bloch haben mit dem Goethezitat Auseinander-
setzung und Kampf im Sinn. Aber so sehr sie das auch für Augustin
behaupten, mit Schwung Heinrich Scholz: „Schlachtenbild einer
Gigantomachie des Glaubens und des Unglaubens in der Welt-
geschichte“ (S. IV), mit Entschiedenheit Bloch: „kämpfen seit je in der
Menschheit unversöhnbar“, beiläufig Löwith - sie geben dieser
Behauptung keine Substanz. Sie ist in der Tat nicht zu belegen: Kampf
(der beiden „civitates“, sei es - unaugustinisch - von ihnen als politi-
schen Verbänden, sei es Auseinandersetzung zweier Prinzipien) als
Prinzip der Geschichte läßt sich in „De civitate Dei“ nicht finden92.
Was stattdessen bei Scholz und Bloch, in Erklärung der Applikation
des Goethewortes, aber dieses selbst als isolierte doxographische For-
mel verfehlend, gesagt wird, das ist der Sieg der „civitas Dei“ (nicht im
Kampf mit der „civitas terrena“) und die Selbstzersetzung der „civitas
terrena“ (ohne kämpfende Beteiligung der „civitas Dei“). Damit sind

92 Nur bei Sternberger habe ich einen (angeblichen) Beleg angegeben gefunden (Wur-
zeln der Politik I, S. 327f.). Für seine Ansicht vom „fundamentalen Antagonismus
der Bösen und Guten“, „des Weltstaates und des Gottesstaates“ bei Augustin
beruft er sich auf civ. 15,5 (II, p. 65,11 sq.): „pugnant ergo inter se mali et mali; item
pugnant inter se mali et boni“ Abgesehen davon, daß hier keine „Phänomenologie
des Krieges“ gegeben wird (so jedoch Sternberger), weil es nicht primär oder allein
um den Kampf von Staaten, sondern zunächst von Individuen geht (Kain und Abel,
Romulus und Remus), erklärt der zitierte Satz den Kampf zwischen Bösen und
Guten gerade nicht aus ihrem fundamentalen Antagonismus (dann wäre der
Kampf der Bösen untereinander nicht danebengestellt und der zwischen Bösen
und Guten ihm verglichen), sondern besagt, daß in dieser Welt Kampf von den
Bösen ausgeht (Kain, Romulus) und die Weltzeit von solchen Kämpfen bestimmt
ist, gleichviel ob nun gegen Böse (Remus) oder Gute (Abel), während - so die Fort-
setzung - „boni [... ] inter se pugnare non possunt“. - Zu Buch XVIII bemerkt
Stemberger (I, S. 335): „Vom Krieg der Bösen und Guten vernehmen wir in diesen
ganzen Partien (sc. bis zur Erscheinung Christi) nichts. Die weltliche Weltge-
schichte läuft neben der Heils- oder Prophetengeschichte gerade eben her, ohne
daß ein Konflikt oder nur eine Berührung stattfände“.
 
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