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Seebaß, Gottfried; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 4. Abhandlung): Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura von Lukas Cranach d. Ä.: zur Reformation e. Holzschnitts ; vorgetragen am 15. Dezember 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47818#0035
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Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura

33

III.
Die Cranachsche Himmelsleiter besteht, wie wir sahen und sich
auch schon aus dem Format ergibt, aus zwei zusammengehörenden
Holzschnitten, von denen der obere, die ‘Himmelsleiter’, 38,9 x 29,2 cm
und der untere, die ‘Hölle’, 12,0 x 29,2 cm mißt (vgl. Abb. 23 und 17).
Der obere, im Vergleich zum unteren etwa doppelt so große Holz-
schnitt ist quer deutlich in zwei Hälften geteilt, die oben den Himmel,
unten die Erde darstellen. Im oberen Teil des Himmels finden sich in
den Ecken die beiden bekannten kursächsischen Wappen, links das
kurfürstliche, das des Erzmarschalls des Reiches, geteilt schwarz über
silber, belegt mit zwei gekreuzten roten Schwertern, und rechts das
Wappen des Hauses Wettin, ein goldener Schild mit fünf schwarzen
Balken, belegt mit schrägem grünen Rautensteg, hier natürlich nicht
farbig, sondern allein graphisch ausgeführt.37 Im übrigen ist der
Himmel im oberen Teil mit geflügelten Putten bevölkert, von denen
die beiden einzig ganzfigurig nackt dargestellten ein Spruchband so
entrollt halten, daß es überschriftsartig in der Mitte steht.
Darunter wird von einem geschlossenen bandartigen Kreis und
einem um diesen gelegten Spruchband, das rechts oben fast zusam-
menstößt, eine als Gnadenstuhl gestaltete Trinitätsdarstellung um-
schlossen: Gottvater mit Tiara von einem Strahlennimbus umgeben,
an seiner Brust der Schmerzensmann mit Dornenkrone, welcher
mit gekreuzten Armen seine Nägelmaie weist; darunter die Taube
des Heiligen Geistes, die mit ihren weitgeöffneten Schwingen die
Krümmung des Kreises nachzeichnet. Es handelt sich also, da die
Taube nicht zwischen Gottvater und Schmerzensmann schwebt, um
eine in Richtung des Paternitas-Typus’ deutende Abwandlung des
spätmittelalterlichen Gnadenstuhls, der ursprünglich den Vater das
Kreuz haltend zeigte.38 Gleichsam in diagonaler Anordnung dazu und
den Kreis so beinahe zu einem Quadrat ausweitend, kommen hinter
dem Medaillon die Symbole der vier Evangelisten hervor. Sie sind nur
zur Hälfte abgebildet und halten das Rund der beiden Spruchbänder.
Von links oben erkennen wir im Uhrzeigersinn den Engel (Matthäus),
den Adler (Johannes), den Löwen (Markus) und den Stier (Lukas),
deren Köpfe jeweils mit einem kleinen Strahlennimbus umgeben sind.
37 Vgl. die Abbildungen in Neubecker/Rentzmann, Wappenbilderlexikon, S. 362 u.
282.
38 Vgl. Braunfels, Art. Dreifaltigkeit, in: LCI 1, Sp. 535f.
 
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