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Seebaß, Gottfried; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 4. Abhandlung): Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura von Lukas Cranach d. Ä.: zur Reformation e. Holzschnitts ; vorgetragen am 15. Dezember 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47818#0053
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Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura

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denn auch mit beachtlicher Konsequenz schon in der ersten uns
bekannten reformatorischen Version des Blattes (Abb. 13).
Dabei mußte natürlich vor allem der Gedanke vom Aufstieg des
Menschen in den Himmel und zu Gott getilgt werden. Von diesem
Aufstieg war mit Bezug auf die Leiter besonders intensiv in der Über-
schrift und dem erläuternden Zusatz zur Hölle die Rede. Es wäre
daher durchaus denkbar, daß man auf die gesamte Darstellung der
Hölle einfach verzichtete. Das war, da es sich um zwei getrennte
Druckstöcke handelte, ohne weiteres möglich, könnte aber auch theo-
logische Gründe gehabt haben. Darauf wird noch einzugehen sein.
Allerdings war auch in den Texten der Darstellung selbst, in dem
Spruchband, das die beiden Gruppen der Seligen umschließt, von der
‘Leiter’ die Rede gewesen. Man änderte nun den Text so, daß der ein-
fache Reim von zwei aufeinanderfolgenden Paarreimen abgelöst
wurde und sich inhaltlich eine deutliche Beziehung auf Christus ergab:
„Die weit haben wir gelassen/ vnd auff Christum vns verlassen/ drumb
frewe[n] wir vns ewiglich/ mit Gott in seinem Himelreich.“80 Das aber
erforderte gleichzeitig eine Veränderung der übrigen Texte im Zusam-
menhang der Leiter. Zwar blieb an ihrem Fuß die „Furcht ewiger
pein.“ auf dem Spruchband erhalten, doch wurde der Blick auf die
kommende Belohnung, ausgedrückt auf dem an der Spitze schweben-
den Band, getilgt und dafür Gottes Ziel mit dem Weg des Menschen
und seine Gabe genannt: „Ewiges Leben.“ Vor allem aber mußte die
Aufzählung der menschlichen Tugenden auf den Holmen der Leiter
und ihren Sprossen verschwinden, da auch sie den Gedanken des
menschlichen Aufstiegs implizit beinhalteten. Die drei Sprossen
erhielten nun von unten nach oben die Aufschriften „Tauff“, „Abend-
mai Christi.“ und „Vergebu[n]g der sünde“. Selbst wenn man in ‘Ver-
gebung der Sünde’ einen Hinweis auf das noch in der Confessio Augu-
stana getrennt aufgefuhrte Sakrament der Buße mit der Absolution
erblicken wollte81 - und eine solche Deutung auf die drei Sakramente
legt sich angesichts der Sprossenzahl nahe -, handelt es sich nicht
mehr um eine Abfolge von ‘Stufen’. Allenfalls könnte man sagen,
daß im Lebensvollzug des Christen die Taufe der Mahlgemeinschaft
vorangeht, aber in beiden Sakramenten wird für Luther eben doch das-
80 Die Texte dieser Fassung finden sich auf der Abbildung bei Boerner, Verstei-
gerungskatalog CLXXXIII (Friedrich August II.), Nr. 177. Dort auch die anderen,
im folgenden zitierten Texte, vgl. hier Abb. 13.
81 Vgl. BSLK, S. 63-67.
 
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