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Seebaß, Gottfried; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 4. Abhandlung): Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura von Lukas Cranach d. Ä.: zur Reformation e. Holzschnitts ; vorgetragen am 15. Dezember 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47818#0063
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Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura

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5. Eine reformatorische Fassung von ‘Himmelsleiter’ und ‘Hölle’
(Abb. 27)
Tatsächlich aber wurden dann doch noch einmal am Ende die bei-
den Druckstöcke auch in reformatorischer Fassung miteinander ver-
bunden.102 Das geschah in der Auflage, die alle Inschriften in Antiqua
statt in gotischer Fraktur bot. Der Vergleich mit den beiden Fraktur-
fassungen (Abb. 13 und 14) ergibt, daß als Vorlage deren korrigierte
Zweitfassung gedient hat. Möglicherweise besaß diese Vorlage auch
schon nicht mehr die Überschrift ‘Das himmlische Leiterlein S.
Bonauentura’, da sich ein Exemplar der Himmelsleiter mit lateini-
schen Inschriften und dieser Kopfleiste bisher nicht gefunden hat.
Wenn unsere oben geäußerten Vermutungen103 richtig sind, dann
hätte eine reformatorische, mit der Himmelsleiter verbundene Höllen-
darstellung nicht vorgelegen. Möglicherweise aber wußte der Drucker
noch um die ursprüngliche Zusammengehörigkeit der Stöcke und
wollte sie beibehalten. Er gab daher der Hölle die Überschrift „Gehet
hin von mir, ihr verfleuchten [!], in das ewige feur: welches beraitet ist
dem Deufel vnd feinen [Drf. für: seinen] Engeler [Drf. für: Enge-
len].“104 Indem aber das Wort des Weltrichters aus Mt 25,41 hier ver-
wandt wurde, änderte sich noch einmal der Bezug zwischen Himmels-
leiter und Hölle. Ursprünglich in der vorreformatorischen Fassung als
Konsequenz des falschen Verhaltens der Menschen verstanden, ist die
Hölle nun Vollzugsort des Urteils des Jüngsten Gerichts. Freilich er-
scheint das Urteil angesichts der reformatorisch neu gedeuteten Him-
melsleiter ganz unmotiviert und trägt in das dortige Gottesbild nun den
Gedanken des Richters ein, der ihr ganz fern lag, erinnerte eben
dadurch aber daran, daß der in Christus gnädig dem Menschen be-
gegnende Gott gleichwohl der Richter ist und bleibt.
V.
Was läßt sich nach alldem über die Reihenfolge und die Datierung
der verschiedenen Versionen von Himmelsleiter und Hölle sagen?
102 Daß es sich um einen deutlich späteren Abdruck handelt, zeigt sich daran, daß der
schon auf der korrigierten reformatorischen Fassung der Himmelsleiter zu bemer-
kende Riß im Druckstock (vgl. o. S. 55, Anm. 85) noch größer geworden ist.
103 Vgl. o. S. 31 und 59f.
104 Vgl. die Abb. bei Lippmann, Cranach, Tafel 51b und unsere Abb. 21.
 
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