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Borst, Arno; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 1. Abhandlung): Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende: vorgetragen am 11. Februar 1989 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48156#0021
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Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende

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ment war schwer beschädigt; man hatte es als Schutzumschlag für ein
Ausgabenbuch verschlissen, das der Konstanzer Spitalmeister im
Pestjahr 1588 ständig zur Hand nehmen mußte.
Heimpel ließ es nach Leipzig kommen und untersuchen. Seine
Hoffnung wurde enttäuscht: Da stand anscheinend weder Hermanns
Text noch gar dessen Quelle, bloß eine nochmalige Bearbeitung eines
Hermann zugeschriebenen Traktats ‘Über die Nutzungsmöglichkeiten
des Astrolabs’, der seinerseits schon eine ältere Abhandlung verwertet
hatte. Wahrscheinlich war die unselbständige Kompilation, zu der das
Fragment gehörte, von einem Schüler Hermanns auf der Reichenau
erst kurz vor 1050 zusammengestellt worden. Heimpel unterließ die
geplante Veröffentlichung, zumal die Texte Hermanns und seiner
Quelle längst gedruckt waren. Auch Binder tat nichts, denn die 1938
abgeschlossene Suchaktion zeitigte keine spektakulären Funde mehr.
Professor und Archivar rückten zum Kriegsdienst ein.* * 6
Der zweite Weltkrieg machte den Zeiten ein Ende, in denen
Gelehrte ruhig nach verlorenen Handschriften suchten. Im Konstanzer
Stadtarchiv wurden 1945 die alten Bestände durchwühlt und geplün-
dert; Binder hatte sein Amt und den Mut eingebüßt. Die Pergament-
reste waren vergessen, vielleicht in Leipzig verbrannt. Doch die
modernen Verwaltungsakten des Archivs blieben erhalten. Bei ihnen
fand Binders zweiter Nachfolger Helmut Maurer im Januar 1984 die
Briefe aus Leipzig und zeigte sie mir. Denn ich sammelte so eilig, wie
Professoren seitdem zu forschen pflegten, Spuren von Hermann dem
Lahmen; sein Bild stand mir seit den Göttinger Vorlesungen Heimpels
lebendig vor Augen. Indes meldete kein Brief von Beyerle oder
Heimpel, daß die Fragmente vor dem Kriegsausbruch 1939 nach
Konstanz zurückgeschickt worden waren. Erst recht blieb unklar, ob

Fragment und einer lateinischen Fassung des ‘Buches der Natur’ von Konrad von
Megenberg. Sie blieb meines Wissens ungedruckt.
6 Konstanz, Stadtarchiv, Fragmentensammlung Mappe 2, Umschlag 8, Stück 5:
Undatiertes Gutachten, laut Heimpels handschriftlichem Vermerk von Renate
Drucker in Leipzig angefertigt, zwischen 1937 und 1942. Es schätzte die
Überlieferung falsch ein, denn es übersah die 1931 durch van de Vyver und
Millas Vallicrosa begonnene Neubewertung der frühen Astrolab-Texte und hielt
‘De utilitatibus astrolabii’ noch für ein Werk Hermanns, wie Manitius, Literatur
Bd. 2 S. 762-764; George Sarton, Introduction to the History of Science, Bd. 1
(1927) S. 757. Zum jetzigen Stand der Verfasserfrage unten Anm. 141 und
145.
 
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