Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende
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vorliegt, entstammt lediglich einer Gebrauchsanweisung für das Astro-
lab; doch begann das Werk, wenn es Dutzende von Kapiteln besaß,
wahrscheinlich mit einer ausführlichen Bauanleitung. Die Quellen
dieses ersten, verlorenen Hauptteils sind immerhin erschließbar, ihre
Ableitungen sogar greifbar. Aus der Zeit vor 1000 kennen wir nämlich
nur zwei lateinische Konstruktionsbeschreibungen, beide in Nordspa-
nien nach arabischen Vorlagen kompiliert, beide den ‘Sententie
astrolabii’ und dem Kreis um Seniofredus-Lupitus von Barcelona
nahestehend, beide schwerlich von ihm selbst konzipiert.
Die kürzere, ältere und bessere, ‘De mensura astrolapsus’, unter-
richtet bloß über die Einlegescheiben der Vorderseite und deren
Zurichtung.* * * * 68 Sie umfaßt etwa zwei Blätter, halb so viel wie die längere
und schlechtere, ‘De mensura astrolabii’, die auch den Bau der Spinne
bespricht und die Astrolabsterne samt Himmelskoordinaten verzeich-
net. Die erste ist gar nicht, die zweite in bloß zwei Kapitel unterteilt.
Vermutlich übernahm unser Autor weder von der einen noch von der
anderen den vollständigen Wortlaut, sondern griff sich aus beiden oder
ihrer gemeinsamen Vorlage heraus, was er brauchte. Denn nur aus den
solcherart vermischten, bereits getrübten Quellen bedienten sich
Spätere, zum Beispiel Hermann der Lahme.69
Im zweiten Hauptteil, der den Gebrauch des Astrolabs vorführte,
hielt sich der Autor jedenfalls nicht an die Reihenfolge, in der seine
mindestens drei Vorlagen die Handhabung besprachen, sondern
bahnte sich einen eigenen Weg und suchte jeweils zusammen, was dazu
paßte, ohne die Übergänge nach Art des Lupitus durch eigene
Einschübe zu glätten. Auf Konsequenz der Gesamtgliederung achtete
diesem Werk die gesammelten älteren Traktate beigefügt hat, die sich auf diese und
nur auf diese Weise erhalten haben. Daß sie in Gerberts Tagen und von der
älteren Überlieferung getrennt bereits zu einem Lehrbuch zusammengefaßt
wurden, wagte Bergmann nicht zu vermuten.
68 De mensura astrolapsus, hg. von Millas, Assaig S. 293-295. Zu dem Traktat (h"
nach Bubnov, III nach Millas und Kunitzsch) Millas, Assaig S. 192 f.; Kunitzsch,
Glossar S. 479; Bergmann, Innovationen S. 105-113.
69 De mensura astrolabii, hg. von Millas, Assaig S. 296-302. Zu dem Traktat (h'
nach Bubnov, V nach Millas und Kunitzsch) Millas, Assaig S. 151-155;
Kunitzsch, Glossar S. 480; Bergmann, Innovationen S. 113-116. Ebd. S.
116-121 ist erkannt, daß beide Konstruktionsbeschreibungen nicht so unmittel-
bar auf Hermann den Lahmen einwirkten, wie Millas, Traducciones S. 104
annimmt; siehe unten Anm. 143.
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vorliegt, entstammt lediglich einer Gebrauchsanweisung für das Astro-
lab; doch begann das Werk, wenn es Dutzende von Kapiteln besaß,
wahrscheinlich mit einer ausführlichen Bauanleitung. Die Quellen
dieses ersten, verlorenen Hauptteils sind immerhin erschließbar, ihre
Ableitungen sogar greifbar. Aus der Zeit vor 1000 kennen wir nämlich
nur zwei lateinische Konstruktionsbeschreibungen, beide in Nordspa-
nien nach arabischen Vorlagen kompiliert, beide den ‘Sententie
astrolabii’ und dem Kreis um Seniofredus-Lupitus von Barcelona
nahestehend, beide schwerlich von ihm selbst konzipiert.
Die kürzere, ältere und bessere, ‘De mensura astrolapsus’, unter-
richtet bloß über die Einlegescheiben der Vorderseite und deren
Zurichtung.* * * * 68 Sie umfaßt etwa zwei Blätter, halb so viel wie die längere
und schlechtere, ‘De mensura astrolabii’, die auch den Bau der Spinne
bespricht und die Astrolabsterne samt Himmelskoordinaten verzeich-
net. Die erste ist gar nicht, die zweite in bloß zwei Kapitel unterteilt.
Vermutlich übernahm unser Autor weder von der einen noch von der
anderen den vollständigen Wortlaut, sondern griff sich aus beiden oder
ihrer gemeinsamen Vorlage heraus, was er brauchte. Denn nur aus den
solcherart vermischten, bereits getrübten Quellen bedienten sich
Spätere, zum Beispiel Hermann der Lahme.69
Im zweiten Hauptteil, der den Gebrauch des Astrolabs vorführte,
hielt sich der Autor jedenfalls nicht an die Reihenfolge, in der seine
mindestens drei Vorlagen die Handhabung besprachen, sondern
bahnte sich einen eigenen Weg und suchte jeweils zusammen, was dazu
paßte, ohne die Übergänge nach Art des Lupitus durch eigene
Einschübe zu glätten. Auf Konsequenz der Gesamtgliederung achtete
diesem Werk die gesammelten älteren Traktate beigefügt hat, die sich auf diese und
nur auf diese Weise erhalten haben. Daß sie in Gerberts Tagen und von der
älteren Überlieferung getrennt bereits zu einem Lehrbuch zusammengefaßt
wurden, wagte Bergmann nicht zu vermuten.
68 De mensura astrolapsus, hg. von Millas, Assaig S. 293-295. Zu dem Traktat (h"
nach Bubnov, III nach Millas und Kunitzsch) Millas, Assaig S. 192 f.; Kunitzsch,
Glossar S. 479; Bergmann, Innovationen S. 105-113.
69 De mensura astrolabii, hg. von Millas, Assaig S. 296-302. Zu dem Traktat (h'
nach Bubnov, V nach Millas und Kunitzsch) Millas, Assaig S. 151-155;
Kunitzsch, Glossar S. 480; Bergmann, Innovationen S. 113-116. Ebd. S.
116-121 ist erkannt, daß beide Konstruktionsbeschreibungen nicht so unmittel-
bar auf Hermann den Lahmen einwirkten, wie Millas, Traducciones S. 104
annimmt; siehe unten Anm. 143.