Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende
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und habe mit dem Satan und den Sarazenen im Bunde gestanden.70
War er selbst etwa unser Mittelsmann? Immerhin inspirierte er einen
der Traktate, die in das Lehrbuch eingingen.
Gerbert wuchs in Südfrankreich als Mönch auf und reiste 967 als
Begleiter des Grafen von Barcelona nach Katalonien, nur um arabische
Wissenschaft, zumal Mathematik zu studieren, noch rechtzeitig vor
al-Mansurs Kriegen.71 Als Domschulmeister von Reims setzte er seit
972 seine Schüler an antike, soeben wiederentdeckte Instrumente, den
Abacus für die Rechenpraxis, das Monochord für die Musiktheorie.72
Im Frühjahr 984 erbat er sich aus Barcelona und Gerona übersetzte
Schriften arabischer Astronomen und Arithmetiker.73 Er suchte auch
anderswo nach Manuskripten; in seiner Heimatabtei Aurillac und in
Bobbio, wo er eine Zeitlang Abt war, bat er sich 984 und 988 keine
frömmeren Bücher aus als die Arithmetik eines spanischen Nichtchri-
70 Bubnov, Gerbert S. 376-393 sammelt die wichtigsten Zeugnisse. Dazu kurz
Thorndike, History Bd. 1 S. 704 f.; Schramm, Sphaira S. 63. Ausführlich
Massimo Oldoni, Imago e Fantasma: Pincantesimo storiografico di Gerberto, in:
Tosi, Gerberto S. 747-768; Riehe. Gerbert S. 9-14.
71 Zur Spanienreise Millas, Traducciones S. 96-101; Riehe, Gerbert S. 21-27; auch
Federico Udina Martorell, Gerberto y la cultura hispanica: los manuscritos de
Ripoll, in: Tosi, Gerberto S. 35-50, mit überholter Frühdatierung (siehe oben
Anm. 60). Gegen die Vermutung von Michel, Traite S. 170; Schramm, Sphaira
S. 108; Bergmann, Traktat S. 102, Gerbert habe schon bei dieser Gelegenheit die
ältesten lateinischen Astrolab-Texte erhalten, spricht ihre Entstehung in den
970er Jahren; siehe oben Anm. 39.
72 Richer, Histoire de France III, 49-54, hg. von Robert Latouche, Bd. 2 (Les
classiques de l’histoire de France au moyen äge Bd. 17, 1937) S. 58-64. Zu den
Details Uta Lindgren, Gerbert von Aurillac und das Quadrivium. Untersuchun-
gen zur Bildung im Zeitalter der Ottonen (1976) S. 5-39; Bergmann, Innova-
tionen S. 156-162; Borst, Zahlenkampfspiel S. 43 f.; Borst, Computus S. 29 f.
Zum Zusammenhang Pierre Riehe, L’enseignement de Gerbert ä Reims dans le
contexte europeen, in: Tosi, Gerberto S. 51-69; Riehe, Gerbert S. 38-53,
75-83.
73 Gerbert, Briefsammlung Nr. 24 S. 46 f. an Seniofredus-Lupitus von Barcelona:
librum de astrologia translatum a te; Nr. 25 S. 48 an Miro-Bonifilius von Gerona:
de multiplicatione et divisione numerorum loseph sapiens sententias quasdam
edidit. Gegen Vyver, Abbon S. 163 Anm. 4 ist festzuhalten, daß Gerbert mit
Uber de astrologia keinen präzisen Buchtitel zitierte, sondern mit seinen Worten
(unten Anm. 74) ein ihm noch unbekanntes Werk umschrieb. Es konnte also
sehr wohl vom Astrolab handeln; insofern hat Destombes, Astrolabe S. 23 recht.
Mit Millas, Assaig S. 131-135 und gegen Destombes, Astrolabe S. 17 Anm. 27
muß man alle Versuche, loseph sapiens zu identifizieren, für gescheitert
erklären.
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und habe mit dem Satan und den Sarazenen im Bunde gestanden.70
War er selbst etwa unser Mittelsmann? Immerhin inspirierte er einen
der Traktate, die in das Lehrbuch eingingen.
Gerbert wuchs in Südfrankreich als Mönch auf und reiste 967 als
Begleiter des Grafen von Barcelona nach Katalonien, nur um arabische
Wissenschaft, zumal Mathematik zu studieren, noch rechtzeitig vor
al-Mansurs Kriegen.71 Als Domschulmeister von Reims setzte er seit
972 seine Schüler an antike, soeben wiederentdeckte Instrumente, den
Abacus für die Rechenpraxis, das Monochord für die Musiktheorie.72
Im Frühjahr 984 erbat er sich aus Barcelona und Gerona übersetzte
Schriften arabischer Astronomen und Arithmetiker.73 Er suchte auch
anderswo nach Manuskripten; in seiner Heimatabtei Aurillac und in
Bobbio, wo er eine Zeitlang Abt war, bat er sich 984 und 988 keine
frömmeren Bücher aus als die Arithmetik eines spanischen Nichtchri-
70 Bubnov, Gerbert S. 376-393 sammelt die wichtigsten Zeugnisse. Dazu kurz
Thorndike, History Bd. 1 S. 704 f.; Schramm, Sphaira S. 63. Ausführlich
Massimo Oldoni, Imago e Fantasma: Pincantesimo storiografico di Gerberto, in:
Tosi, Gerberto S. 747-768; Riehe. Gerbert S. 9-14.
71 Zur Spanienreise Millas, Traducciones S. 96-101; Riehe, Gerbert S. 21-27; auch
Federico Udina Martorell, Gerberto y la cultura hispanica: los manuscritos de
Ripoll, in: Tosi, Gerberto S. 35-50, mit überholter Frühdatierung (siehe oben
Anm. 60). Gegen die Vermutung von Michel, Traite S. 170; Schramm, Sphaira
S. 108; Bergmann, Traktat S. 102, Gerbert habe schon bei dieser Gelegenheit die
ältesten lateinischen Astrolab-Texte erhalten, spricht ihre Entstehung in den
970er Jahren; siehe oben Anm. 39.
72 Richer, Histoire de France III, 49-54, hg. von Robert Latouche, Bd. 2 (Les
classiques de l’histoire de France au moyen äge Bd. 17, 1937) S. 58-64. Zu den
Details Uta Lindgren, Gerbert von Aurillac und das Quadrivium. Untersuchun-
gen zur Bildung im Zeitalter der Ottonen (1976) S. 5-39; Bergmann, Innova-
tionen S. 156-162; Borst, Zahlenkampfspiel S. 43 f.; Borst, Computus S. 29 f.
Zum Zusammenhang Pierre Riehe, L’enseignement de Gerbert ä Reims dans le
contexte europeen, in: Tosi, Gerberto S. 51-69; Riehe, Gerbert S. 38-53,
75-83.
73 Gerbert, Briefsammlung Nr. 24 S. 46 f. an Seniofredus-Lupitus von Barcelona:
librum de astrologia translatum a te; Nr. 25 S. 48 an Miro-Bonifilius von Gerona:
de multiplicatione et divisione numerorum loseph sapiens sententias quasdam
edidit. Gegen Vyver, Abbon S. 163 Anm. 4 ist festzuhalten, daß Gerbert mit
Uber de astrologia keinen präzisen Buchtitel zitierte, sondern mit seinen Worten
(unten Anm. 74) ein ihm noch unbekanntes Werk umschrieb. Es konnte also
sehr wohl vom Astrolab handeln; insofern hat Destombes, Astrolabe S. 23 recht.
Mit Millas, Assaig S. 131-135 und gegen Destombes, Astrolabe S. 17 Anm. 27
muß man alle Versuche, loseph sapiens zu identifizieren, für gescheitert
erklären.