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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 3. Abhandlung): Der Begriff der Würde im antiken Rom und später: vorgetragen am 10. Mai 1969 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48158#0014
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Viktor Pöschl

Leistung die Hauptvoraussetzung der dignitas. Zwar verleiht schon die
Zugehörigkeit zum römischen Adel Würde, und auf die adlige Abkunft
legt man größten Wert. Hat man gar trojanische Helden, Könige oder-
wie Caesar - eine Göttin unter seinen Ahnen, verleiht das der Dignität
noch höheren Glanz. Gehört man nicht der Nobilität, dem römischen
Amtsadel, an, kann solch hohe Abkunft ein willkommener Ersatz sein.
So ist offenbar Maecenas, der unter seinen Vorfahren keine Amtsträger
aufzuweisen hat, stolz darauf, daß er einem etruskischen Königsge-
schlecht entstammt. Die Anreden des Horaz: Maecenas atavis edite regi-
bus (c.1,1) oder Tyrrhena regum progenies (c.3,29) sind als echte Huldi-
gung zu verstehen und nicht ironisch aufzufassen, wie manche Interpre-
ten (z.B. Ed. Fraenkel) glaubten. Umgekehrt ist es beschämend, wenn
ein hoher Würdenträger von schändlicher Abkunft ist. Das war bei Cur-
tius Rufus der Fall, der es unter Tiberius bis zum Consul und Proconsul
von Africa brachte, obwohl er angeblich der Sohn eines Gladiators war.
Dem Tacitus ist das peinlich. Über dessen Herkunft, so sagt er, wolle er
nichts Falsches vorbringen, und das Richtige ausführlich zu behandeln,
schäme er sich (ann. 11,21,1): de origine Curtii Rufi, quem gladiatore
genitum quidam prodidere, neque falsa prompserim et vera exequi pudet.
Auch Tiberius wollte, wie Tacitus sagt, die ,Schande seiner Geburt
(dedecus natalium) vertuschen4, indem er erklärte, Curtius Rufus vide-
tur mihi ex se natus (ann. 11,21,3).
Aber in der Regel gibt es keine höhere dignitas ohne ein politisches
Amt und ohne die Zugehörigkeit zum Senat. Auch die homines novi, die
nichtadliger Herkunft waren, hatten, sobald sie in den Senat eintraten,
dignitas, die sich dann auf ihre Nachkommen vererbte. Im Begriffe der
dignitas fand jede höhere politische und soziale Position ihren deutlich-
sten Ausdruck. Der aristokratische Charakter der römischen Gesell-
schaftsordnung ist dadurch gekennzeichnet. Als Faktoren, die dignitas
verleihen, erwähnt G. Alföldy soziale Herkunft, persönliche Ambitio-
nen und Tüchtigkeit, Grundbesitz und finanzielles Vermögen.13 Dabei
darf man das sakrale Element nicht übersehen, das die Würde des römi-
schen Amtsträgers seit uralten Zeiten mit bestimmt. Sanctus senatus,
der heilige Senat, ist die offizielle Bezeichnung auch in späterer Zeit.
Etwas Religiöses scheint auch in Ciceros Definition mitzuschwingen
13 Hierzu Geza Alföldy, Die römische Gesellschaft. Struktur und Eigenart, Gymnasium
83, 1976, 1-23 (mit Verzeichnis der wichtigsten Literatur) und ders., Römische Sozial-
geschichte, 3. Aufl. Wiesbaden 1984, mit weiteren Literaturangaben in den Anmerkun-
gen. Es ist interessant, daß sich H. Strasburger bei Caesars dignitas an Achill erinnert
fühlt. Es ist Adelsethik, allerdings in einer sehr veränderten Welt.
 
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