Der Begriff der Würde im antiken Rom
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per licebit dignitatem tueri mortemque contemnere (Phil. 1,14). In
Bewahrung dieser Haltung ist Cicero gestorben. Selbst Catilina stirbt
memor generis atque pristinae suae dignitatis (Sali. Cat. 60,7). Größe und
Würde kann dann nur noch im römischen Sterben, in dem, was Carl
Jacob Burckhardt „die ritterliche Kunst des Sterbenkönnens“ genannt
hat, bewährt werden. Hier wird die moralische Forderung, die in der
dignitas liegt, besonders deutlich.
Daß ein Dignitasträger moralisch einwandfrei sein muß, ist an sich
selbstverständlich. Ein eindrucksvolles Zeugnis hierfür ist der berühmte
Satz des Scipio Aemilianus (1857-129 v. Chr.): „Aus Untadligkeit er-
wächst Würde, aus Würde eine Ehrenstellung, aus der Ehrenstellung die
imperiale Gewalt, aus der imperialen Gewalt Freiheit“, ex innocentia na-
scitur dignitas, ex dignitate honor, ex honore imperium, ex imperio libertas
(Oratorum Romanorum fragmenta, ed. H. Malcovati, Torino21955, Nr.
32). Dignitas ist dementsprechend ein Leitbegriff der Sittenlehre, wie sie
Cicero in De officiis (1,141) entwickelt. Bei allem, was man tut, so erklärt
er, sind drei Dinge zu beachten: leidenschaftliches Begehren muß der
Vernunft gehorchen, der Aufwand an Sorge und Mühe muß in richtigem
Verhältnis stehen zu dem, was man erreichen will, er darf weder zu groß
noch zu klein sein, und drittens muß alles, was man tut, auf den Eindruck,
den der Vornehme machen muß, und auf seine Würde abgestimmt sein:
in omni autem actione suscipienda tria sunt tenenda, primum ut appetitus
rationi pareat, quo nihil est ad officia conservanda accomodatius, deinde ut
animadvertatur, quanta illa res sit, quam efficere velimus, ut neve maior
neve minor cura et opera suscipiatur, quam causa postulet, tertium est, ut
caveamus, ut ea quae pertinent ad liberalem speciem et dignitatem mode-
rata sint. Wer auf dignitas Anspruch erhebt, muß Größe zeigen und
Selbstdisziplin üben, und zwar um so mehr, je höher er steht.38 Er muß das
Animalische und Emotionale in sich selbst bezwingen. Dies vor allem
macht den Begriff der Würde zu einem Element des römischen Selbstbe-
wußtseins und des römischen Überlegenheitsgefühls, zu einem Wesens-
merkmal römischer Haltung und römischen Stils: (Patria Romana) una in
omnibus terris domus est virtutis, imperii, dignitatis (de or. 1,196).
Natürlich sind auch in Griechenland hierzu Voraussetzungen gege-
ben, und vieles erscheint uns als mit dem Römischen verwandt. Die
Beherrschung der Affekte ist eine Hauptforderung der griechischen
Ethik. Sokrates will vor seinen Richtern nicht jammern und klagen und
will vieles nicht vorbringen, was seiner nicht würdig sei (Apol. 38d). Bei
38
Vgl. Caesar bei Sallust (Cat. 51,13): in maxuma fortuna minima licentia est.
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per licebit dignitatem tueri mortemque contemnere (Phil. 1,14). In
Bewahrung dieser Haltung ist Cicero gestorben. Selbst Catilina stirbt
memor generis atque pristinae suae dignitatis (Sali. Cat. 60,7). Größe und
Würde kann dann nur noch im römischen Sterben, in dem, was Carl
Jacob Burckhardt „die ritterliche Kunst des Sterbenkönnens“ genannt
hat, bewährt werden. Hier wird die moralische Forderung, die in der
dignitas liegt, besonders deutlich.
Daß ein Dignitasträger moralisch einwandfrei sein muß, ist an sich
selbstverständlich. Ein eindrucksvolles Zeugnis hierfür ist der berühmte
Satz des Scipio Aemilianus (1857-129 v. Chr.): „Aus Untadligkeit er-
wächst Würde, aus Würde eine Ehrenstellung, aus der Ehrenstellung die
imperiale Gewalt, aus der imperialen Gewalt Freiheit“, ex innocentia na-
scitur dignitas, ex dignitate honor, ex honore imperium, ex imperio libertas
(Oratorum Romanorum fragmenta, ed. H. Malcovati, Torino21955, Nr.
32). Dignitas ist dementsprechend ein Leitbegriff der Sittenlehre, wie sie
Cicero in De officiis (1,141) entwickelt. Bei allem, was man tut, so erklärt
er, sind drei Dinge zu beachten: leidenschaftliches Begehren muß der
Vernunft gehorchen, der Aufwand an Sorge und Mühe muß in richtigem
Verhältnis stehen zu dem, was man erreichen will, er darf weder zu groß
noch zu klein sein, und drittens muß alles, was man tut, auf den Eindruck,
den der Vornehme machen muß, und auf seine Würde abgestimmt sein:
in omni autem actione suscipienda tria sunt tenenda, primum ut appetitus
rationi pareat, quo nihil est ad officia conservanda accomodatius, deinde ut
animadvertatur, quanta illa res sit, quam efficere velimus, ut neve maior
neve minor cura et opera suscipiatur, quam causa postulet, tertium est, ut
caveamus, ut ea quae pertinent ad liberalem speciem et dignitatem mode-
rata sint. Wer auf dignitas Anspruch erhebt, muß Größe zeigen und
Selbstdisziplin üben, und zwar um so mehr, je höher er steht.38 Er muß das
Animalische und Emotionale in sich selbst bezwingen. Dies vor allem
macht den Begriff der Würde zu einem Element des römischen Selbstbe-
wußtseins und des römischen Überlegenheitsgefühls, zu einem Wesens-
merkmal römischer Haltung und römischen Stils: (Patria Romana) una in
omnibus terris domus est virtutis, imperii, dignitatis (de or. 1,196).
Natürlich sind auch in Griechenland hierzu Voraussetzungen gege-
ben, und vieles erscheint uns als mit dem Römischen verwandt. Die
Beherrschung der Affekte ist eine Hauptforderung der griechischen
Ethik. Sokrates will vor seinen Richtern nicht jammern und klagen und
will vieles nicht vorbringen, was seiner nicht würdig sei (Apol. 38d). Bei
38
Vgl. Caesar bei Sallust (Cat. 51,13): in maxuma fortuna minima licentia est.