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Viktor Pöschl
vedendo di esserefatta a immagine di Dio, non per diritto, ma per grazia;
e conosce la sua indegnitd, alia quale e venutapersua colpa™ Doch weit
wahrscheinlicher wirkt auch Salomos Ode 13,1 f. mit ein: „Siehe, unser
Spiegel ist der Herr. Öffnet die Augen und seht sie an in ihm! Dann
erfahrt, wie euer Gesicht ist“ (Ausg. von Μ. Lattke, Göttingen 1979).
In den berühmten Traktaten des 15. Jh., die für die Auffassung des
Menschen in der italienischen Renaissance bahnbrechend geworden
sind, beginnt sich dann der Begriff der Menschenwürde wieder von der
christlichen Heilslehre zu lösen, ohne sie aufzugeben und mit ihr in
Widerspruch zu geraten.1"9 Der Akzent liegt nun wieder auf den plato-
nisch-stoischen Vorstellungen. Die wichtigsten Abhandlungen sind Bar-
tolomeo Facio, De excellentia et praestantia hominis (hier begegnen wir
also wieder den Formulierungen aus Ciceros De officiis), um 1450
erschienen110, De dignitate et excellentia hominis von Giannozzi Manetti
aus dem Jahre 1452111 und die berühmte Rede von Giovanni Pico della
Mirandola De dignitate hominis aus dem Jahre 1487112, die Jakob Burck-
hardt „das edelste Vermächtnis der Renaissance“ nannte.113 Während
durch den Schöpfungsakt - so Pico in De dignitate hominis - jeder Krea-
tur ein bestimmter Umkreis des Wollens und Vollbringens vorgeschrie-
ben ist, schließt das Wirken des Menschen immer neue, über jenen Kreis
prinzipiell hinausgehende Möglichkeiten in sich. Dies ist ein Gedanke,
108 S. Caterina da Siena, II Dialogo della Divina Provvidenza. Nella redazione aggiornata
del Angiolo Puccetti, Siena 1980, 52.
109 Vgl. G. Gentile, II concetto del uomo nel rinascimento, in: G. G., G. Bruno e il pen-
siero del rinascimento, Firenze 1920. E. Cassirer, Individuum und Kosmos in der Phi-
losophie der Renaissance, Leipzig 1927. E. Garin, La dignitas hominis e la letteratura
patristica, Rinascita 1, 1928, 102-146. P. O. Kristeller, Renaissance Thought and Its
Sources, New York 1979.
110 Hierzu P. O. Kristeller, The Humanist Bartolomeo Facio and His Unknown Corre-
spondence, in: From the Renaissance to the Counter-Reformation. Essays in Honor of
Carrett Mattingly, New York 1965, 68.
111 G. Manetti, De dignitate et excellentia hominis, Basileae 1532. Hierzu A. Auer, G.
Manetti und Pico della Mirandola, ,De dignitate hominis1, in: Vitae et Veritati. Fest-
gabe für Karl Adam, Düsseldorf 1950, 83-102.
112 Pico della Mirandola, De hominis dignitate. Heptaplus. De Ente et Uno, ed. E. Garin,
Firenze 1942 (mit wichtiger Einleitung). Vgl. auch Pico d. Μ., Ausgewählte Schriften,
übersetzt und eingeleitet von A. Liebert, Jena-Leipzig 1905. Aus dem französischen
16. Jh. wäre zu erwähnen Pierre Boaistuau.
113 Schon 1486 hatte Pico della Mirandola ebenfalls von dem Vorrang des Menschen
gesprochen, und zwar im Heptaplus (veröffentlicht in der soeben zitierten Ausgabe
von E. Garin, Firenze 1942, 168ff., wichtig 266ff. und 304ff.). Es ist das schönste Lob
des Menschen, das wir aus der Renaissance besitzen. J. Burckhardt hat es vermutlich
nicht gekannt.
Viktor Pöschl
vedendo di esserefatta a immagine di Dio, non per diritto, ma per grazia;
e conosce la sua indegnitd, alia quale e venutapersua colpa™ Doch weit
wahrscheinlicher wirkt auch Salomos Ode 13,1 f. mit ein: „Siehe, unser
Spiegel ist der Herr. Öffnet die Augen und seht sie an in ihm! Dann
erfahrt, wie euer Gesicht ist“ (Ausg. von Μ. Lattke, Göttingen 1979).
In den berühmten Traktaten des 15. Jh., die für die Auffassung des
Menschen in der italienischen Renaissance bahnbrechend geworden
sind, beginnt sich dann der Begriff der Menschenwürde wieder von der
christlichen Heilslehre zu lösen, ohne sie aufzugeben und mit ihr in
Widerspruch zu geraten.1"9 Der Akzent liegt nun wieder auf den plato-
nisch-stoischen Vorstellungen. Die wichtigsten Abhandlungen sind Bar-
tolomeo Facio, De excellentia et praestantia hominis (hier begegnen wir
also wieder den Formulierungen aus Ciceros De officiis), um 1450
erschienen110, De dignitate et excellentia hominis von Giannozzi Manetti
aus dem Jahre 1452111 und die berühmte Rede von Giovanni Pico della
Mirandola De dignitate hominis aus dem Jahre 1487112, die Jakob Burck-
hardt „das edelste Vermächtnis der Renaissance“ nannte.113 Während
durch den Schöpfungsakt - so Pico in De dignitate hominis - jeder Krea-
tur ein bestimmter Umkreis des Wollens und Vollbringens vorgeschrie-
ben ist, schließt das Wirken des Menschen immer neue, über jenen Kreis
prinzipiell hinausgehende Möglichkeiten in sich. Dies ist ein Gedanke,
108 S. Caterina da Siena, II Dialogo della Divina Provvidenza. Nella redazione aggiornata
del Angiolo Puccetti, Siena 1980, 52.
109 Vgl. G. Gentile, II concetto del uomo nel rinascimento, in: G. G., G. Bruno e il pen-
siero del rinascimento, Firenze 1920. E. Cassirer, Individuum und Kosmos in der Phi-
losophie der Renaissance, Leipzig 1927. E. Garin, La dignitas hominis e la letteratura
patristica, Rinascita 1, 1928, 102-146. P. O. Kristeller, Renaissance Thought and Its
Sources, New York 1979.
110 Hierzu P. O. Kristeller, The Humanist Bartolomeo Facio and His Unknown Corre-
spondence, in: From the Renaissance to the Counter-Reformation. Essays in Honor of
Carrett Mattingly, New York 1965, 68.
111 G. Manetti, De dignitate et excellentia hominis, Basileae 1532. Hierzu A. Auer, G.
Manetti und Pico della Mirandola, ,De dignitate hominis1, in: Vitae et Veritati. Fest-
gabe für Karl Adam, Düsseldorf 1950, 83-102.
112 Pico della Mirandola, De hominis dignitate. Heptaplus. De Ente et Uno, ed. E. Garin,
Firenze 1942 (mit wichtiger Einleitung). Vgl. auch Pico d. Μ., Ausgewählte Schriften,
übersetzt und eingeleitet von A. Liebert, Jena-Leipzig 1905. Aus dem französischen
16. Jh. wäre zu erwähnen Pierre Boaistuau.
113 Schon 1486 hatte Pico della Mirandola ebenfalls von dem Vorrang des Menschen
gesprochen, und zwar im Heptaplus (veröffentlicht in der soeben zitierten Ausgabe
von E. Garin, Firenze 1942, 168ff., wichtig 266ff. und 304ff.). Es ist das schönste Lob
des Menschen, das wir aus der Renaissance besitzen. J. Burckhardt hat es vermutlich
nicht gekannt.