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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 3. Abhandlung): Der Begriff der Würde im antiken Rom und später: vorgetragen am 10. Mai 1969 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48158#0053
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Der Begriff der Würde im antiken Rom

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der in der Antike zum ersten Mal von Poseidonios ausgesprochen und
den italienischen Humanisten durch Cicero und Plotin vermittelt wurde.
„Dich allein bindet keine Schranke“ - heißt es weiter bei Pico - „es sei
denn, daß du selbst nach deinem Willen, den ich dir verlieh, sie dir vor-
schreibst . . . Du kannst zum Tier entarten und zum Göttlichen dich wie-
dergebären . .. Dem Menschen hat sein Vater bei seiner Geburt die
Keime jeglichen Lebens gegeben. Welche er ausbildet, die werden ihm
wachsen und Frucht tragen. Sind es die pflanzlichen Keime, wird er zur
Pflanze; folgt er der Sinnlichkeit, wird er zum Tier; bildet er die Anlage
der Vernunft in sich aus, wird er zum himmlischen Lebewesen; folgt er
der Intelligenz, wird er zum Engel und zum Sohne Gottes.“ Diese Hier-
archie Pico della Mirandolas entspricht den vier Seinsstufen der Philoso-
phie Plotins. Welche Stufe der Mensch erreicht, liegt bei ihm selbst.
Darin aber, daß ihm solche Möglichkeiten verliehen sind, liegt seine
Auszeichnung, seine ihm von Gott gegebene Würde. Wir befinden uns
jedoch noch ganz im philosophisch-ethischen Bereich, und zwar im
Bereich der individuellen Ethik. Die Menschenwürde zwingt den einzel-
nen Menschen zu einem Verhalten, das seiner Sonderstellung im Kos-
mos entspricht.
Die politische Brisanz, die der Begriff später bekommt und bis auf den
heutigen Tag behalten hat, die Vorstellung, daß es die Pflicht des Staates
und seiner Amtsträger ist, die Würde der ihm anvertrauten Menschen zu
wahren, fehlt hier noch völlig. Doch haben die spanischen Neuscholasti-
ker, an ihrer Spitze Francisco Suärez114 (1548-1617) und der Begründer
des Völkerrechts, der Dominikaner Francisco de Vitoria (um 1490-
1546)115, naturrechtliche Überlegungen, die aus dem römischen Rechts-
denken stammten, dazu verwendet, um für eine menschliche Behand-
lung der Indianer einzutreten und gegen Kaiser und Papst Stellung zu
nehmen. Ungläubigkeit, Menschenopfer und angebliche Laster seien
kein legitimer Grund, um die Indianer zu bekriegen, zu versklaven und
zu töten. Über diesen Kampf berichtet das Buch des späteren Kölner
Kardinals Joseph Höffner (gest. 1987) „Christentum und Menschen-
würde“ (1947). Der Begriff der Menschenwürde als solcher ist freilich in
den Texten der Spanier selbst nirgends zu finden. Samuel von Pufendorf
(1632-1694) jedoch, 1661-70 Professor des Natur- und Völkerrechts in
Heidelberg, spricht davon, daß eine gewisse Würde, die der Mensch
114 Disputationes metaphysicae (Salamanca 1597), Paris 1861-1866 (Bd. 25/26 der Opera
omnia); Madrid 1960ff. (m. span. Übers, hrsg. von S. Räbade Romeo u.a.).
115 Relectiones theologicae (Lyon 1557), hg. von L. G. A. Getino, Madrid 1933-1935.
 
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