Das Burushaski
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konstruktion zu einer typologischen Besonderheit des Burushaski ma-
chen, sondern die Tatsache, daß sie in einer in den Sprachen der Welt
wohl einmaligen Weise mit der ihr polar entgegengesetzten, uns geläufi-
gen Nominativ-Akkusativ-Konstruktion kombiniert ist, und zwar so,
daß beim intransitiven Verbum sowohl das pronominale Präfix als auch
die Personalendung auf das Subjekt des Satzes deuten, beim transitiven
Verbum das Pronominalpräfix auf das Objekt des Satzes, die Personal-
endung aber wiederum auf das Subjekt. Formal ausgedrückt muß also
beim Intransitivum das Präfix der 1. und 2. Person immer mit dem Suffix
übereinstimmen, beim Transitivum muß es immer davon verschieden
sein. Mit den Präfixen a- l.sg., gu- 2.sg. und den Suffixen (des Präteri-
tums und Futurs) -am l.sg., -uma 2.sg. bildet man also z. B. intransitive
Formen wie a-män-am „ich wurde“, gu-män-uma „du wurdest“, transi-
tive Formen wie a-yeec-uma „du sahst mich“, gu-yeec-am „ich sah dich“.
Historisch gesehen liegt es auf der Hand, daß die Ergativkonstruktion
die ältere, ursprünglich einzige war und die Verwendung von Suffixen
im Sinne der Nominativ-Akkusativ-Konstruktion eine spätere Entwick-
lung darstellt, schon deswegen, weil alle infiniten Formen ihre ergati-
visch orientierten Pronominalpräfixe behalten. Es liegt auch hier nahe,
an das benachbarte Shina als Vorbild zu denken, zumal auch diese Spra-
che einen Ergativ mit gleichen Personalendungen beim Intransitivum
und Transitivum verbindet; man sagt also ma som-äm „ich werde ermü-
den“, aber ma-s haräm „ich werde (es) nehmen“.1'' Freilich fehlt hier
gerade das Wesentliche der Ergativkonstruktion, die Gleichsetzung des
Subjekts des intransitiven Verbums mit dem Objekt des transitiven Ver-
bums durch pronominale Elemente im Verbum selbst, so daß man von
einem „unechten Ergativ“ sprechen könnte; die Ergativendung nimmt
sich hier eher als eine Art Verstärkung des Nominativs aus. Da anderer-
seits die Personalbezeichnung im Shina direkt auf die uralten Personal-
endungen des Sanskrit zurückgeht, ist der ergativartige Kasus in dieser
Sprache eindeutig etwas Sekundäres und sieht nach einer mehr äußerli-
chen Anpassung an das von Grund auf anders konzipierte System des
Burushaski aus. Das Burushaski dagegen hat die Syntese wirklich voll-
zogen, und nichts steht eigentlich der Annahme entgegen, daß es ich
auch ohne äußeren Einfluß die einzige Alternative zur Ergativkonstruk-
tion als Ausdruck zu eigen gemacht hat.
Überschneidungen und Vermischungen von Ergativ- und Akkusativ-
konstruktion wie im Bur. gibt es auch anderswo. Eine besonders interes-
T. G. Bailey, Grammar of the Shina (Sina) Language (1924), p. 60.
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konstruktion zu einer typologischen Besonderheit des Burushaski ma-
chen, sondern die Tatsache, daß sie in einer in den Sprachen der Welt
wohl einmaligen Weise mit der ihr polar entgegengesetzten, uns geläufi-
gen Nominativ-Akkusativ-Konstruktion kombiniert ist, und zwar so,
daß beim intransitiven Verbum sowohl das pronominale Präfix als auch
die Personalendung auf das Subjekt des Satzes deuten, beim transitiven
Verbum das Pronominalpräfix auf das Objekt des Satzes, die Personal-
endung aber wiederum auf das Subjekt. Formal ausgedrückt muß also
beim Intransitivum das Präfix der 1. und 2. Person immer mit dem Suffix
übereinstimmen, beim Transitivum muß es immer davon verschieden
sein. Mit den Präfixen a- l.sg., gu- 2.sg. und den Suffixen (des Präteri-
tums und Futurs) -am l.sg., -uma 2.sg. bildet man also z. B. intransitive
Formen wie a-män-am „ich wurde“, gu-män-uma „du wurdest“, transi-
tive Formen wie a-yeec-uma „du sahst mich“, gu-yeec-am „ich sah dich“.
Historisch gesehen liegt es auf der Hand, daß die Ergativkonstruktion
die ältere, ursprünglich einzige war und die Verwendung von Suffixen
im Sinne der Nominativ-Akkusativ-Konstruktion eine spätere Entwick-
lung darstellt, schon deswegen, weil alle infiniten Formen ihre ergati-
visch orientierten Pronominalpräfixe behalten. Es liegt auch hier nahe,
an das benachbarte Shina als Vorbild zu denken, zumal auch diese Spra-
che einen Ergativ mit gleichen Personalendungen beim Intransitivum
und Transitivum verbindet; man sagt also ma som-äm „ich werde ermü-
den“, aber ma-s haräm „ich werde (es) nehmen“.1'' Freilich fehlt hier
gerade das Wesentliche der Ergativkonstruktion, die Gleichsetzung des
Subjekts des intransitiven Verbums mit dem Objekt des transitiven Ver-
bums durch pronominale Elemente im Verbum selbst, so daß man von
einem „unechten Ergativ“ sprechen könnte; die Ergativendung nimmt
sich hier eher als eine Art Verstärkung des Nominativs aus. Da anderer-
seits die Personalbezeichnung im Shina direkt auf die uralten Personal-
endungen des Sanskrit zurückgeht, ist der ergativartige Kasus in dieser
Sprache eindeutig etwas Sekundäres und sieht nach einer mehr äußerli-
chen Anpassung an das von Grund auf anders konzipierte System des
Burushaski aus. Das Burushaski dagegen hat die Syntese wirklich voll-
zogen, und nichts steht eigentlich der Annahme entgegen, daß es ich
auch ohne äußeren Einfluß die einzige Alternative zur Ergativkonstruk-
tion als Ausdruck zu eigen gemacht hat.
Überschneidungen und Vermischungen von Ergativ- und Akkusativ-
konstruktion wie im Bur. gibt es auch anderswo. Eine besonders interes-
T. G. Bailey, Grammar of the Shina (Sina) Language (1924), p. 60.