Monotheismus
11
Der politische Monotheismus argumentiert etwa folgenderma-
ßen: alle Völker haben ihre Götter, wir aber haben den einzigen
Jahwe. Diese Argumentation findet sich nur in Israel, und sie hat
meines Erachtens von Anfang an und im innersten Kern politische
Gründe. Natürlich wußten auch die anderen Völker, daß andernorts
andere Götter verehrt werden bzw. die Götter andere Namen füh-
ren. Aber erstens hat man bereits im dritten Jt. v. Chr. angefangen,
Übersetzungen und Äquivalenzen zusammenzustellen. Und zwei-
tens findet sich nirgends die Anschauung, die Anerkennung frem-
der Götter käme einem Abfall von den eigenen Göttern, oder auch
dem eigenen Gott, Singular, gleich und würde deren bzw. dessen
Eifersucht erregen. Hier liegt etwas ganz besonderes und unver-
gleichliches vor, das man in keiner anderen der benachbarten Kultu-
ren wiederfmdet und der Grund dafür liegt, wie ich annehme und
anderenorts näher ausgeführt habe, in einer neuartigen politischen
Idee, einer neuen, in der damaligen Welt absolut einzigartigen Kon-
zeption von Herrschaft und Gemeinschaft.19
Ein kosmologischer Monotheismus argumentiert dagegen mit
der Einheit der Welt bzw. des Seienden - und der Einzigkeit ihres
Ursprungs und des Prinzips ihrer Inganghaltung. Das ist eine völlig
andere Argumentation. Sie verträgt sich durchaus mit der Anerken-
nung vieler Götter. Diese werden dann als Konstituenten der Welt
angesehen, um deren einen Schöpfer und Erhalter es geht. Die bei-
den Monotheismen haben, wie gesagt, von Haus aus gar nichts mit-
einander zu tun. Der politische Monotheismus ist, um es überspitzt
zu formulieren, die exklusive Erfindung Israels. Den kosmologi-
Wiesbaden 1976, Bd.I fr. 6,7,9,10, S. 18-20 u.37; Kommentar Bd. II, S. 139-142.
Zur theologia tripartita vgl. E. L. Fortin, “Augustine and Roman Civil Religion:
Some Critical Reflections”, in: Etudes Augustiniennes XXVI, Paris 1980, 238-
256; G. Lieberg, „Die theologia tripartita als Formprinzip antiken Denkens“, in:
Rheinisches Museum 125, 1982, 25-53; R. Schröter, „Die varronische Etymolo-
gie“, in: Varron.Entretiens surl’antiquite c/ass/gusIX, Vandeouvre-Geneve 1963,
79-100; W. Geerlings, „Die theologia mythica des Μ. Terentius Varro“, in:
G. Binder, B. Effe (Hrsg.), Mythos. Erzählende Weltdeutung im Spannungsfeld von
Ritual, Geschichte und Rationalität, Bochumer Altertumswiss. Coll. 2, Trier
1990,205-222. Zur theologia civilis im besonderen vgl. H. Cancik, „Augustinus
als constantinischer Theologe“, in: Jacob Taubes (Hg.), Der Fürst dieser Welt.
Carl Schmitt und die Folgen, Religionstheorie und politische Theologie I, Mün-
chen 1983, 136-152.
19 Vgl. Verf., Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, Reihe „Themen“ der
C. F. v. Siemens-Stiftung Bd. 52, München 1992.
11
Der politische Monotheismus argumentiert etwa folgenderma-
ßen: alle Völker haben ihre Götter, wir aber haben den einzigen
Jahwe. Diese Argumentation findet sich nur in Israel, und sie hat
meines Erachtens von Anfang an und im innersten Kern politische
Gründe. Natürlich wußten auch die anderen Völker, daß andernorts
andere Götter verehrt werden bzw. die Götter andere Namen füh-
ren. Aber erstens hat man bereits im dritten Jt. v. Chr. angefangen,
Übersetzungen und Äquivalenzen zusammenzustellen. Und zwei-
tens findet sich nirgends die Anschauung, die Anerkennung frem-
der Götter käme einem Abfall von den eigenen Göttern, oder auch
dem eigenen Gott, Singular, gleich und würde deren bzw. dessen
Eifersucht erregen. Hier liegt etwas ganz besonderes und unver-
gleichliches vor, das man in keiner anderen der benachbarten Kultu-
ren wiederfmdet und der Grund dafür liegt, wie ich annehme und
anderenorts näher ausgeführt habe, in einer neuartigen politischen
Idee, einer neuen, in der damaligen Welt absolut einzigartigen Kon-
zeption von Herrschaft und Gemeinschaft.19
Ein kosmologischer Monotheismus argumentiert dagegen mit
der Einheit der Welt bzw. des Seienden - und der Einzigkeit ihres
Ursprungs und des Prinzips ihrer Inganghaltung. Das ist eine völlig
andere Argumentation. Sie verträgt sich durchaus mit der Anerken-
nung vieler Götter. Diese werden dann als Konstituenten der Welt
angesehen, um deren einen Schöpfer und Erhalter es geht. Die bei-
den Monotheismen haben, wie gesagt, von Haus aus gar nichts mit-
einander zu tun. Der politische Monotheismus ist, um es überspitzt
zu formulieren, die exklusive Erfindung Israels. Den kosmologi-
Wiesbaden 1976, Bd.I fr. 6,7,9,10, S. 18-20 u.37; Kommentar Bd. II, S. 139-142.
Zur theologia tripartita vgl. E. L. Fortin, “Augustine and Roman Civil Religion:
Some Critical Reflections”, in: Etudes Augustiniennes XXVI, Paris 1980, 238-
256; G. Lieberg, „Die theologia tripartita als Formprinzip antiken Denkens“, in:
Rheinisches Museum 125, 1982, 25-53; R. Schröter, „Die varronische Etymolo-
gie“, in: Varron.Entretiens surl’antiquite c/ass/gusIX, Vandeouvre-Geneve 1963,
79-100; W. Geerlings, „Die theologia mythica des Μ. Terentius Varro“, in:
G. Binder, B. Effe (Hrsg.), Mythos. Erzählende Weltdeutung im Spannungsfeld von
Ritual, Geschichte und Rationalität, Bochumer Altertumswiss. Coll. 2, Trier
1990,205-222. Zur theologia civilis im besonderen vgl. H. Cancik, „Augustinus
als constantinischer Theologe“, in: Jacob Taubes (Hg.), Der Fürst dieser Welt.
Carl Schmitt und die Folgen, Religionstheorie und politische Theologie I, Mün-
chen 1983, 136-152.
19 Vgl. Verf., Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, Reihe „Themen“ der
C. F. v. Siemens-Stiftung Bd. 52, München 1992.