32
Jan Ass mann
Wie gut ist es, dir zu folgen, Amun:
ein Herr, groß im „Gefundenwerden“ für den, der ihn sucht.69
In späteren Texten der Persönlichen Frömmigkeit bezieht sich
„gefunden werden“ meist auf rettendes Einschreiten der Gottheit:
„Möge Amun gefunden werden, indem er kommt,
süße Atemluft ihm voraus“70
„Ich fand sie, wie sie mit süßem Lufthauch gekommen war“71
„Meine Stimme lief um in Theben,
ich fand Amun, wie er auf meinen Ruf hin gekommen war“72
Der erste Tempel, den Echnaton noch in Karnak seinem Gott baut,
trägt den Namen Gm-p3-jtn „Aton ist gefunden“; Tempel gleichen
Namens werden dann in Nubien (Kawa) und in Amarna gebaut. In
Karnak handelt es sich um den Ort, in dem im Rahmen eines könig-
lichen Jubiläumsfestes (das sog. Sed-Fest) die neue Religion offi-
ziell proklamiert und eingesetzt wurde.73 Wenn dieser Name eine
prägnante Bedeutung hat, dann kann er nur besagen „Aton hat sich
offenbart“, wobei der Begriff der Offenbarung aber nicht im bibli-
schen Sinne (als „Enthüllung“ und „Botschaft“) zu verstehen ist,
sondern im ägyptischen Sinne, als „Kommen“ d. h. „Intervention“,
ein (rettendes oder strafendes) Einschreiten Gottes, dessen Erfah-
rung von Seiten des Menschen als „finden“ ausgedrückt wird.74
Allerdings spricht keiner der in der Amarnazeit entstandenen Hym-
nen an den Aton noch irgendein anderer zeitgenössischer Text
davon, daß der Gott „gefunden“ wurde. Nun sind aber, wie wir gese-
hen haben, „Kommen“ und „Gefundenwerden“ korrespondierende
Begriffe. Vom „Kommen“ des Gottes ist in der Tat die Rede. Den
prominentesten Kontext für dieses Motiv bildet der Gottesname
selbst, und zwar in seiner vollen, „lehrhaften“ Form späterer Fas-
sung. In der ersten Fassung heißt der Gott: „Es lebt Re-Harachte,
der jubelt im Lichtland, in seinem Namen als Licht, das in der
69 Graffito des Pawah im Grab des Pairi TT 139 ed. Gardiner, vgl. ÄHG Nr. 147.
70 Berlin Stele 20377 ÄHG Nr. 148, 39f. vgl. ÄHG Nr. 173, 23-24; 175,7; 179,9-10.
71 Turin Stela 1593+1694, ÄHG Nr. 149, 23.
72 Qadesch-Schlacht, Poem 122-23.
73 Vgl. D. B. Redford, Akhenaten: the Heretic King, Princeton 1984, 102-136.
74 Zum Begriff der „Intervention“ vgl. B. Albrektson, (1967), History and the Gods.
An Essay on the Idea of Historical Events as Divine Manifestations in the ancient
NearEast and in Israel, Lund 1967, und mit Bezug auf Ägypten J. F. Borghouts,
“Divine Intervention in Ancient Egypt and its Manifestation”, in: R. J. Dema-
ree, J. J. Janssen, Gleanings from Deir el-Medina, Leiden 1982, 1-70.
Jan Ass mann
Wie gut ist es, dir zu folgen, Amun:
ein Herr, groß im „Gefundenwerden“ für den, der ihn sucht.69
In späteren Texten der Persönlichen Frömmigkeit bezieht sich
„gefunden werden“ meist auf rettendes Einschreiten der Gottheit:
„Möge Amun gefunden werden, indem er kommt,
süße Atemluft ihm voraus“70
„Ich fand sie, wie sie mit süßem Lufthauch gekommen war“71
„Meine Stimme lief um in Theben,
ich fand Amun, wie er auf meinen Ruf hin gekommen war“72
Der erste Tempel, den Echnaton noch in Karnak seinem Gott baut,
trägt den Namen Gm-p3-jtn „Aton ist gefunden“; Tempel gleichen
Namens werden dann in Nubien (Kawa) und in Amarna gebaut. In
Karnak handelt es sich um den Ort, in dem im Rahmen eines könig-
lichen Jubiläumsfestes (das sog. Sed-Fest) die neue Religion offi-
ziell proklamiert und eingesetzt wurde.73 Wenn dieser Name eine
prägnante Bedeutung hat, dann kann er nur besagen „Aton hat sich
offenbart“, wobei der Begriff der Offenbarung aber nicht im bibli-
schen Sinne (als „Enthüllung“ und „Botschaft“) zu verstehen ist,
sondern im ägyptischen Sinne, als „Kommen“ d. h. „Intervention“,
ein (rettendes oder strafendes) Einschreiten Gottes, dessen Erfah-
rung von Seiten des Menschen als „finden“ ausgedrückt wird.74
Allerdings spricht keiner der in der Amarnazeit entstandenen Hym-
nen an den Aton noch irgendein anderer zeitgenössischer Text
davon, daß der Gott „gefunden“ wurde. Nun sind aber, wie wir gese-
hen haben, „Kommen“ und „Gefundenwerden“ korrespondierende
Begriffe. Vom „Kommen“ des Gottes ist in der Tat die Rede. Den
prominentesten Kontext für dieses Motiv bildet der Gottesname
selbst, und zwar in seiner vollen, „lehrhaften“ Form späterer Fas-
sung. In der ersten Fassung heißt der Gott: „Es lebt Re-Harachte,
der jubelt im Lichtland, in seinem Namen als Licht, das in der
69 Graffito des Pawah im Grab des Pairi TT 139 ed. Gardiner, vgl. ÄHG Nr. 147.
70 Berlin Stele 20377 ÄHG Nr. 148, 39f. vgl. ÄHG Nr. 173, 23-24; 175,7; 179,9-10.
71 Turin Stela 1593+1694, ÄHG Nr. 149, 23.
72 Qadesch-Schlacht, Poem 122-23.
73 Vgl. D. B. Redford, Akhenaten: the Heretic King, Princeton 1984, 102-136.
74 Zum Begriff der „Intervention“ vgl. B. Albrektson, (1967), History and the Gods.
An Essay on the Idea of Historical Events as Divine Manifestations in the ancient
NearEast and in Israel, Lund 1967, und mit Bezug auf Ägypten J. F. Borghouts,
“Divine Intervention in Ancient Egypt and its Manifestation”, in: R. J. Dema-
ree, J. J. Janssen, Gleanings from Deir el-Medina, Leiden 1982, 1-70.