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Jan Assmann
erhaltenden Weltzuwendung des Einen, zu Weisen seiner Inner-
weltlichkeit.88
Der Ba-Begriff als solcher ist natürlich nicht neu. Er stammt aus
dem königlichen Totenkult mindestens des Alten Reichs und wird
schon in den Sargtexten mit Bezug auf Götter verwendet.89 Als Ba
der Götter gilt ihre sinnlich erfahrbare kosmische Manifestation. So
gilt etwa der Wind als Ba des Luftgottes Schu. Im Buch von der Him-
melskuh, also immerhin spätestens unter Tutanchamun, findet sich
dann ein Stück entwickelter Ba-Theologie; dort heißt es:
b3 pw n Sw: t3w
b3 pw n Nhh: hwjt
b3 pw n Kkw: grh
b3 pw n Nnw: Rcw
b3 pw n Wsjr: B3-nb-Ddt
b3 pw n Sbk: mshw
jw b3 n ntr nb m hf3w
jw b3 n cpp m b3hw
jw b3 n Rcw ht t3 r dr. f
Der Ba des Schu ist die Luft
Der Ba des Neheh ist der Regen
Der Ba der Finsternis ist die Nacht
Der Ba des Urwassers ist Re
DerBa des Osiris ist der Widder von Mendes
Der Ba des Sobek sind die Krokodile
Der Ba jeden Gottes sind die Schlangen
Der Ba des Apopis ist (im) Ostgebirge
Der Ba des Re ist durchs ganze Land hin.90
In Phänomenen der biokosmischen Sphäre wie Wind, Regen,
Nacht, Krokodile, Schlangen manifestieren sich göttliche Kräfte. In
der Ramessidenzeit wird auch eine Konzeption greifbar, die sich
den Begriff „Ba“ zunutze macht, um aus den Göttern der vier Gene-
rationen der heliopolitanischen Neunheit eine Elementenlehre zu
entwickeln. Der Ba des Re, Ba des Schu, Ba des Geb und Ba des Osi-
ris werden zu der Vierheit von Licht, Luft, Erde und Wasser verbun-
den.91 Der Ba-Begriff wird, auf älteren Traditionen aufbauend, zum
Instrument einer Immanenz-Theologie, die auf die innerweltliche
Gegenwart des Göttlichen abhebt. Der Mensch begegnet in der ihn
umgebenden Wirklichkeit zwar nicht den Göttern selbst, aber ihren
88 Für eine ausführlichere Darstellung des Ba-Konzepts und seiner Bedeutung im
Rahmen der thebanischen Theologie der Ramessidenzeit s. Re und Amun, 203-
211.
89 L. V. Zabkar, A Study of the Ba Concept in Ancient Egyptian Texts, SAOC 34,
Chicago 1968; E. Wolf-Brinkmann, Versuch einer Deutung des Ba-Begriffs an-
hand der Überlieferung der Frühzeit und des Alten Reichs, Diss. Basel, Freiburg
1968.
90 E. Hornung, Der ägyptische Mythos von der Himmelskuh, OBO 46,1982,26f., 47;
Re und Amun, 206f.
91 H. Wild, BIFAO 60,60; J. C. Goyon, Confirmation du pouvoir royal auNouvelAn
(BdE 52, Kairo 1972), 96 n. 120.
Jan Assmann
erhaltenden Weltzuwendung des Einen, zu Weisen seiner Inner-
weltlichkeit.88
Der Ba-Begriff als solcher ist natürlich nicht neu. Er stammt aus
dem königlichen Totenkult mindestens des Alten Reichs und wird
schon in den Sargtexten mit Bezug auf Götter verwendet.89 Als Ba
der Götter gilt ihre sinnlich erfahrbare kosmische Manifestation. So
gilt etwa der Wind als Ba des Luftgottes Schu. Im Buch von der Him-
melskuh, also immerhin spätestens unter Tutanchamun, findet sich
dann ein Stück entwickelter Ba-Theologie; dort heißt es:
b3 pw n Sw: t3w
b3 pw n Nhh: hwjt
b3 pw n Kkw: grh
b3 pw n Nnw: Rcw
b3 pw n Wsjr: B3-nb-Ddt
b3 pw n Sbk: mshw
jw b3 n ntr nb m hf3w
jw b3 n cpp m b3hw
jw b3 n Rcw ht t3 r dr. f
Der Ba des Schu ist die Luft
Der Ba des Neheh ist der Regen
Der Ba der Finsternis ist die Nacht
Der Ba des Urwassers ist Re
DerBa des Osiris ist der Widder von Mendes
Der Ba des Sobek sind die Krokodile
Der Ba jeden Gottes sind die Schlangen
Der Ba des Apopis ist (im) Ostgebirge
Der Ba des Re ist durchs ganze Land hin.90
In Phänomenen der biokosmischen Sphäre wie Wind, Regen,
Nacht, Krokodile, Schlangen manifestieren sich göttliche Kräfte. In
der Ramessidenzeit wird auch eine Konzeption greifbar, die sich
den Begriff „Ba“ zunutze macht, um aus den Göttern der vier Gene-
rationen der heliopolitanischen Neunheit eine Elementenlehre zu
entwickeln. Der Ba des Re, Ba des Schu, Ba des Geb und Ba des Osi-
ris werden zu der Vierheit von Licht, Luft, Erde und Wasser verbun-
den.91 Der Ba-Begriff wird, auf älteren Traditionen aufbauend, zum
Instrument einer Immanenz-Theologie, die auf die innerweltliche
Gegenwart des Göttlichen abhebt. Der Mensch begegnet in der ihn
umgebenden Wirklichkeit zwar nicht den Göttern selbst, aber ihren
88 Für eine ausführlichere Darstellung des Ba-Konzepts und seiner Bedeutung im
Rahmen der thebanischen Theologie der Ramessidenzeit s. Re und Amun, 203-
211.
89 L. V. Zabkar, A Study of the Ba Concept in Ancient Egyptian Texts, SAOC 34,
Chicago 1968; E. Wolf-Brinkmann, Versuch einer Deutung des Ba-Begriffs an-
hand der Überlieferung der Frühzeit und des Alten Reichs, Diss. Basel, Freiburg
1968.
90 E. Hornung, Der ägyptische Mythos von der Himmelskuh, OBO 46,1982,26f., 47;
Re und Amun, 206f.
91 H. Wild, BIFAO 60,60; J. C. Goyon, Confirmation du pouvoir royal auNouvelAn
(BdE 52, Kairo 1972), 96 n. 120.