Metadaten

Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1994, 1. Abhandlung): "Entartete Kunst" und internationales Privatrecht: vorgetragen am 6. November 1993 — Heidelberg: Winter, 1994

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48170#0036
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
26

Erik Jayme

nommen worden. Diese Fresken gelangten über mehrere Kunst-
händler schließlich in das Genfer Museum. Es klagten die übergan-
genen Eigentümer der Kapelle in Frankreich. Hier stellt sich die
Frage nach der internationalen Zuständigkeit der französischen
Gerichte. Der Appellationshof Montpellier begründete seine
Zuständigkeit damit, daß die Fresken unbewegliche Sachen seien
und fingierte zugleich, daß sie sich noch in der Kapelle befänden.84
Der französische Kassationshof hob diese Entscheidung als wider-
sinnig auf.8"
Der Rechtsstreit zeigt aber, daß Kunstwerke schwerlich in das
übliche Schema des internationalen Sachenrechts passen. Selbst
Ludwig von Bar schlug hier eine Ausnahme vor.86 Er bildete den
Fall, daß ein reicher Mann außerhalb seines Heimatlandes ein
Schloß mit einer wertvollen Gemäldesammlung besitze, und
meinte, es dürfe einfacher und richtiger sein, das Recht des Besit-
zers nach derjenigen der beiden Rechtsordnungen zu beurteilen,
welche ihm günstiger sei.
Solche Unterscheidungen setzten sich aber nicht durch. Herr-
schend ist heute die Regel, daß das Recht am jeweiligen Lageort
über die Eigentumsverhältnisse an Kunstwerken entscheidet.87

VI Der Statutenwechsel
1. Änderung des anwendbaren Rechts und „Prägungstheorie“
Jede Theorie, welche Kunstwerke wie andere bewegliche Sachen
behandelt, muß sich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß
Kunstwerke ihren Lageort wechseln. Man spricht hier von einem
„Statutenwechsel“88, d.h. mit der Verbringung des Kunstwerks in

84 Cour d’appel de Montpellier, 18.12.1984, D. 1985. Jur. 208, Anm. Maury.
85 Cass., 15.4.1988,D. 1988.Jur. 325ff.,329: „... les fresques,immeubles parnature,
sont devenus des meubles du fait de leur arrachement ...“. Vgl. die Anm. von
Maury, a.gl.O., 329-330; Reichelt, Kulturgüterschutz und Internationales Verfah-
rensrecht, IPRax 1989, 254f.
86 Oben Note 75, S. 610.
87 Vgl. Stoll, oben Note 50.
88 Vgl. Staudinger-Stoll, Internationales Sachenrecht, 12. Aufl. 1992, Rdzz. 293-305.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften