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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1994, 1. Abhandlung): "Entartete Kunst" und internationales Privatrecht: vorgetragen am 6. November 1993 — Heidelberg: Winter, 1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.48170#0042
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Erik Jayme

sich dabei nach dem Recht des jeweiligen Lageorts. Wechselt dieser
Ort, so ist der einmal vollendete Rechtserwerb kraft Ersitzung
anzuerkennen, auch wenn nach dem Recht des neuen Lageorts die
Fristen für einen solchen Erwerb länger sind.112 Wird also ein nach 5
Jahren in der Schweiz kraft Ersitzung erworbenes Kunstwerk nach
Deutschland gebracht, so schadet es dem Eigentümer nicht, daß
nach deutschem Recht die Frist 10 Jahre beträgt.
Schwierig wird es dagegen, wenn die Ersitzung noch nicht voll-
endet ist. Kann sich der potentielle Erwerber bei einer 10jährigen
Ersitzungsfrist auf Zeiten berufen, in denen er das Kunstwerk im
Ausland besaß? Die Frage ist ungeklärt.113 Man wird annehmen
müssen, daß zwar nach der Verbringung des Kunstwerks in ein
anderes Land das Recht des neuen Lageorts gilt. Dessen Auslegung
dürfte aber ergeben, daß auch im Ausland verstrichene Ersitzungs-
zeiten anzurechnen sind.114

4. Verjährung
Was schließlich die Verjährung der Herausgabeansprüche des
Eigentümers angeht, so gilt auch hier das Recht des jeweiligen
Lageorts. Aber auch hier ist die rechtliche „Prägung“ zu berücksich-
tigen, die das Kunstwerk durch das ausländische Recht erfahren
hat.115

VIII Allgemeine Rechtsbegriffe und Rechtsgefühl
Die eigentümliche Lage, daß von den Theorien des Internationalen
Privatrechts zum doppelten Statutenwechsel der Bestand so man-
cher Sammlung abhängen mag, lädt zu einer allgemeinen Betrach-
tung ein. Sie betrifft scheinbar außerjuristische Argumente, die auf

112 So auch Hanisch, Internationalprivatrechtliche Fragen im Kunsthandel, Fest-
schrift Müller-Freienfels, Baden-Baden 1986, S. 193ff., 220 N. 93.
113 Vgl. Kreuzer, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 7:
Einführungsgesetz, 2. Aufl. 1990, Nach Art. 38 Anh. I Rdz. 77.
114 Vgl. Hanisch, oben Note 112, S. 220.
115 Vgl- oben Note 91.
 
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