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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0079
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6. DER HEILIGE EHESTAND

75

Zur Wirkung dieses Gutachtens gehören schließlich die zahlreichen thematischen
Anklänge desselben m der teilweise von Bucer entworfenen34 und vom Ulmer Rat
am 6. August 1531 erlassenen Kirchenordnung35, obwohl die zahlreichen Belege aus
dem römischen Recht dort fehlen. So werden in der Kirchenordnung heimliche
Eheschließungen, die Frage des Eheversprechens, das Problem der verbotenen Ver-
wandtschaftsgrade, die Bestrafung von Hurerei, Ehebruch und Prostitution und die
Ehescheidung behandelt, wenn auch etwas vorsichtiger als m der Schrift »Der hei-
lige Ehestand ist die Pflanzung«36. Die von Bucer zuvor so großzügig geregelte Wi-
derrufung des Eheversprechens wird z.B. m den Kompetenzbereich der zu ernen-
nenden Eherichter verwiesen37; es wird auch klargestellt, daß man auf keinen Fall
auf die Trennung aller ohne Zustimmung der Eltern zustandegekommenen Ehen
dränge38. In bestimmten Abschnitten sind jedoch die Formulierungen so ähnlich,
daß man davon ausgehen kann, daß bei der Erstellung der Kirchenordnung dieses
Gutachten Bucers als Vorlage herangezogen wurde.39
Da der Ulmer Rat sich m den folgenden Jahren mehrmals an Bucer wandte, damit
er zu spezifischen Eherechtsfragen Stellung nehme40, ist es durchaus denkbar, daß
dieses Gutachten, zusammen mit der Stellungnahme Roths, von den Mitghedern
der reichsstädtischen Obrigkeit zu Rate gezogen und von dem ab Oktober 1533 be-
stehenden Ehegericht ebenfalls benutzt wurde.

4. Überlieferung
Dieses Gutachten ist in zwei Handschriften überliefert:
a: Ulm StArch, A [8983/I], fol. 246 ^-259 v (fol. 25 5r/v leer) : Ausfertigung wohl von
Konrad Hubert41 mit Korrekturen des Schreibers und Korrekturen von der
34. Die mit Bucers Vorstellungen konkurnerenden sittenpolizeilichen Regelungen (BDS 4,
S. 255—272) — sie machen etwa ein Drittel der Ulmer Kirchenordnung aus — können nach Ansicht
von Brecht, Rezension BDS 4, S. 392 mcht von dem Straßburger Reformator gestammt haben.
35. Vgl. Anrich, Ulmer Kirchenordnung, S.97.
36. Vgl. BDS 4, S. 248,26-250,13 und S. 261,9-269,9.
37. Vgl. BDS 4, S. 250,8-10.
38. Vgl. BDS 4, S. 249,15-22.
39. Vgl. etwa unten S. 84,1-6 mit BDS 4, S. 265,19-23 oder S. 88,10-89,6 mit BDS 4, S. 265,29-
266,14. Wemger zahlreich sind dagegen die Anklänge und wörthchen Ubereinstimmungen m dcm
entsprechenden Abschnitt in Bucers Entwurf der Ulmer Kirchenordnung, BDS 4, S. 389,34-390,32
(vgl. oben Anm. 9).
40. Vgl. unten Nr.9, S. 125-128 und Nr. 12, S. 175-404.
41. Die Zuweisung lst mcht einfach, denn die Handschnft weist einige Unterschiede zu anderen,
zahlreich vorhandenen Handschriftenproben Huberts auf. Bucer lernte Hubert - der aus Basel kam
und lhm schon von Oekolampad empfohlen wurde - während seines Ulmer Aufenthaltes kennen
und stellte lhn dort als seinen Sekretär an (vgl. Schieß II, S. 789), eine Funktion, die Hubert z.T. ne-
ben seiner Predigertätigkeit an St. Thomas bis zu Bucers Weggang aus Straßburg 1m April 1 549 treu
ausübte. Auch Bucers Entwurf einer Ulmer Kirchenordnung (Ulm StArch, A [8983/I], fol. 1931 —
2131, 223r-230r; ediert in: BDS 4, S. 374-398; vgl. oben Anm.9 und 8) stammt von der Hand dessel-
ben Schreibers. Nach sorgfältiger Analyse lst Ernst-Wilhelm Kohls, der noch 1963 die Handschrift
 
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