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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0088
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6. ERSTES GUTACHTEN FÜR DEN ULMER RAT

Do by wirdt aber auch von notten seyn, 12j/r I das man verpiette, das nieman sein
kind zu vnanmutiger132 ehen zwinge noch zu lang vffziehe, vnd domit solichs fur-
komen133 werde, mochte man den eh richteren134 vnd villeicht auch den zuchther-
ren135 befelhen, ein fleyssig vff sehen136 zu haben vff son vnd tochter, die nun me137
zii der Eh erwachsen weren, domit sy, wa soliche vnbillikeit furgon wolte138, der
selbigen steuren konden. By solichen ehrichtern solte dann auch stohn zu erkennen,
welcher hyrradt der annemlicher139 sein solte, wo kfil werber140 vnd* sich etwan141
dye freund142 nit konden vereynbaren1. Wann dan also menghch14j wusste, was der
eh halb heimlich zugesagt wurde, das solchs vnbindig144 vnd mchtig seyn mußte,
Wurde nieman meer nach solichem trachten. Wo dan eyner ein tochterm schwe-
chete145 der hoffnung, das sy im darnach gelassen wurde, solte der selbig seyner
boßheit nit geniessen, sonder eintweder nach gotthchen rechten gestraffet werden
vnd11 der I I tochter ein solich heyradt güt und widem°146 geben, wie lr standt
erfordert, vnd sy dann also on des vatters zügelt147 haben, Wo sy lm der vatter an-
ders148 geben wollte, Wo nit, das er dennoch yr solich hyradt güt geben müste,
pOder aber, wie es etwan by den Römeren gewesen, wo qeyn sohcher? die elteren zu
k) -k) von Bucer vor den linken Rand geschneben und eingewiesen m a.
l) veraingen: b.
m) danach gestr.: auch: a.
n) von Bucer übergeschr. und eingewiesen: a.
o) danach gestr.: zu: a.
p) —p) von Bucer vor den linken Rand geschneben für gestr.: Byn (dafür von Bucer zunächst
übergeschr. und dann auch gestr.: by den) Römern lsts etwan gewesen: a.
q) —q) von Bucer übergeschr. und eingewiesen für gestr.: er: a.
132. unzumutbarer, widerwilhger, hebloser, Verdruß bereitender.
133. solchem vorgebeugt.
134. Die von Bucer entworfene Ulmer Kirchenordnung sah die Einsetzung von Eherichtern vor
(vgl. BDS 4, S. 250,9; 267,15.19). Am 27. Oktober 1533 wurde schließlich ein aus vier Prädikanten
und zwei Ratsmitgliedern bestehendes Ehegericht geschaffen. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegericht II,
S. 52-65.
135. Sittenrichtern; vgl. Georges I, Sp. 1073, Art. censor, vgl. Grimm 32 (=XVI), Sp. 271 und Die-
fenhach, Glossarium germamcum, S. 112. Bucers Ulmer Kirchenordnung sah die Einsetzung von
Zuchtherren oder »diener christlicher zucht« vor (BDS 4, S.251,14-252,4). Hierzu vgl. Köhler,
Zürcher Ehegericht II, S. 42-47.
136. eine fleißige Aufsicht, Fürsorge.
137. nunmehr.
138. wo solches Unrecht vorkommen sollte.
139. erwünschtere, willkommenere.
140. Bewerber.
141. vielleicht.
142. Verwandten.
143. jeder, jedermann.
144. ungültig und unverbindlich.
145. schwängerte, schändete, entehrte; vgl. Grimm 15 (=IX), Sp.2157.
146. Wittum: das Vermögen, das der Braut bei der Eheschheßung übereignet wird. Grimm 30
(=XIV,2), Sp.831.
147. Mitgift.
148. überhaupt, außerdem.
 
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