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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0429
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BEILAGE ZU NR. 12

425

als dann helt man solche für mutwillige verlasser vnd vergünnet dem vnschüldigen
Teil seiner gelegenheit nach, sich wiedrumb zuuerehelichen. Zum vierden lassen
vnsere Kirchen in kemem wege zu, das eins dem andern moge die Ehe auffsagen vnd
eins von seinem Ehegemahel abstehen. Wo aber rechte vnd gnugsame vrsachen der
s Ehescheidunge vorfallen, da geschicht solchs mit erkentnis vnd vrteil der Eherichter.
Die mutwilhgen weglauffer Citiret man, wo sie dann mutwilliger weise ausbleiben,
wird dem vnschüldigen Teil andere heirat vergunnet, doch nach etlicher vnd gebür-
licher zeit. Wo Ehegemahlen ein ander eheliche pflichte wegern, wird das wegerde
Teil, durch vnterhandlung guter freunde vnd letzlich durch die Oberkeit zur lei-
10 stung derselbigen angehalten. Wo dann aber nichts helffen wil, als dann gilt D. Lu-
thers raht, droben angezogen30, 1m Artickel, von denen die einander die eheliche
pflichte wegern. Dem schüldigen Teil aber, in diesem falle zuzulassen, das es sich an
diesem orte, da es anher gewonet, widerumb vereheliche, vnd das es für den augen
des vnschüldigen zu trotz vnd spott gehe, halten vnsre Kirchen gar nicht für recht.
15 Sondern wo die Oberkeit durch jren zwangk das wegerde Teil mcht kan zur leistung
ehelicher pflichte zwingen, so mus sie dasselbige zum Lande ausweisen. Kompt es
dann anders wo hin vnd verehelicht sich wider, das mus jene Oberkeit geschehen
lassen, das gleichwol bey vnsern Kirchen zuerheben nicht wol müghch sem wird.
Denn sie nicht pflegen one zeugnis vnd kundschafft, frembde leute ehehch zusamen
20 zu geben. Also richten vnsere Kirchen von allen andern verwisenen, weglauffern,
vbelthetern etc. Vrsache aber solches gebrauchs vnserer Kirchen ist dieser. Denn wer
boses thut, der sol seiner bosheit nicht geniessen. Vnd welchs Teil vnschüldig, sol
semer vnschuld auch nicht entgelten. Zum fünften lassen vnsere Kirchen diese
Schlusrede nicht gelten, das der die Ehe verwircket habe, der das leben durch eine
25 vbelthat verwircket. Denn ein vbeltheter noch nicht tod ist, drumb er nach seines
ehehchen Weibs hülffe trost vnd beistand bedarff. Vnd wo nu em vbeltheter im le-
ben bleibet vnd daruon kompt, auch sein ehelich Gemahel begeret, ist solchs jm
nachzuziehen schüldig auff form vnd weise, wie offte droben gesagt. Denn Conditio
fortune non separat Matri. Vnd der nachzug mus nicht allein geschehen mit fromen
30 vnd nutzen. Sondern auch mit vnfromen vnd schaden. Wie dann Eheleute guts vnd
boses mit einander dulden vnd tragen müssen. Es ist auch nichts gesagt das der ge-
meine nutze eine gnugsame vrsache sey, den nachzug zu verhindern. Wo sich auch
ein Teil mcht wolte zum nachzug weisen lassen, so ist sie von der Oberkeit vnd
durch die Kirchendiener dahin zutreiben vnd zuuermanen, so ferne das abwesende
35 Teil den nachzug begeret vnd jm den gefallen lest. Wo es aber ja auff erforderung
mcht wil nachziehen, so sol es one Ehe bleiben.Wo aber das abwesende den nachzug
mcht begeret vnd lest jm den auch nicht gefallen, so hat es eine andere meinung. Vnd
wo als dann ein solcher sich nicht wolte darein schicken, das er wider em keme, auch
sonst das vnschüldige Gemahel nicht zu sich nemen, dem auch nicht behülfflich
40 oder trostlich sein, dieser wird billich hernach für einen mutwilligen Verlasser ge-
achtet, vnd dem bleibenden Teil nach gebürhcher zeit andere heirat semer gelegen-
heit nach erleubet. Zum sechsten haltens vnsere Kirchen mit den gefangenen, fast

30. Vgl. oben S. 415,26h und 422,19-26.
 
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