13. GUTACHTEN FUR AUGSBURG
467
solle, als das dritte teyl ist dess, so er yr pro donatione ante nuptias verordnet hatt355.
94. Auss dissen erzeleten vrsachen, so vonn misshandlungen356 herreychend, geben
die Christlichen keysser zu, die Eh zu scheyden, vnnd ist alsso bey den Christen im
gantzen Reich, das dazumal sich so gar weyt in Orient vnnd Occident erstre-
ckete357, gehalten worden. Habe ich derhalben angezeyget, damitt man sehe, wie die
rechten, weyssen vnnd gotsforchtigen keysser gar vil einer anderen haltung der Eh
scheydung halb gewessen seind, dann es die Pebst hernaher eingefüret haben358.
Vnnd ist aber[wiederum] kundtlich359, das die selbigen keysser dem wort Gottes
gar vil mer zugeben vnnd gelebt haben dann die Bepst360.
95. Vnnd derhalben schreibt D[octor] Luther alsso vonn dissem handel vber mey-
ster Brentzen büchlin der Eh halben361: »Mir gefallen hierin die weltlichen recht vil
bösser362, als die richtiger hindurch geen vnnd nicht so vil stuck vnnd vrsachen ge-
ben zu manchen irrigen fellen vnd khummernus. Vnnd wer ain Ehlichen gemahel
nympt oder hatt nach solchen rechten, dem kann ein pfarrherr mitt frölichem hert-
zen sagen vnnd vrtheylen, das ers mit gütem gewissen, mitt Gott vnd Ehren habe.
Dann das Euangelion leret vns die weltliche recht ehren vnd halten, an welchen ort
wir seind oder wa wir hinkomen, wie Paulus Rom. clarlich sagt: >Die Ober-
keit, so allenthalben ist, ist vonn Gott verordnet, vnd ein leglicher soll seyner ober-
keit vnderthon seyn<«363. Diss schreibt der Luther. Eben das haltet auch der hochge-
355. VgLNov. 117,14, ClCiv III, S. 564.
356. üblen Taten, Vergehen.
357. Im Jahr 476 wurde das weströmische Reich und die Hauptstadt von den Barbaren über-
rannt. Justiman gelang es zwar, Pannomen (heute etwa Slowemen, Kroatien, Bosmen), ganz Italien
mit den Inseln, die Nordküste von Afrika und einen Teil Südspaniens zurückzuerobern, doch gin-
gen diese Reichsteile kurz nach seinem Tod 565 wieder verloren. Das oströmische Reich dagegen
bestand während des 5. und 6. Jahrhunderts fast unverändert in seinen Grenzen fort: Moesia (heute
etwa Mazedonien und Griechenland), Thrazien (heute etwa der europäische Teil der Türkei und
Bulgarien), ganz Kleinasien, die östliche Mittelmeerküste (Syria, Judäa, Arabia), Ägypten und die
Küste Nordafrikas bis zur Teilungsgrenze der beiden Reichshälften; vgl. Barraclough, Atlas, S. 89,
Karte: The Roman Empire from Diocletian to Justiman.
358. Im 12. und 13. Jahrhundert wurde die Ehe in die Siebenzahl der Sakramente aufgenommen
und ihre Unauflösbarkeit festgeschrieben; vgl. TRE 9, S. 334!. Innocenz III. (1198-1216) formu-
liert m der >Professio fidei Waldensibus praescripta< von 1208: »Comugia carnalia esse contrahenda,
secundum Apostolum non negamus, ordinarie vero contracta disiungere ommno prohibemus« (DS
794). Zur Entwicklung m der östhchen (byzantinischen) Christenheit vgl. TRE 9, S.330L
359. bekannt.
360. Zum Ganzen vgl. oben S.451,21-452,6, S.456,11-19 und S.461,13-18.
361. Gemeint lst die Schnft »Wie m Ehesachen ... nach götthchem bilhchem Rechten chnsten-
lich zu handeln sei« (.Brenz, Frühschriften 2, S.253-296) des schwäbischen Reformators Johannes
Brenz (1499—1570), die 1529 zum ersten Mal erschien. Luther versah eine Wittenberger Ausgabe
von Ende 1531 erstmals mit einer Vorrede. Vgl. WA 30 III, S. 481— 486.
362. sc. besser.
363. Das Zitat entspricht: WA 30 III, S.484,16-485,6. Bucer zitiert einen kleineren Abschnitt
dieses Zitats schon in einem Gutachten zur Ehescheidung 1m Falle von Lepra, oben S. 136,6—8. Das
volle Zitat taucht erstmals m seiner großen Ulmer Eheschrift auf, oben S. 379,1 — 8.
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solle, als das dritte teyl ist dess, so er yr pro donatione ante nuptias verordnet hatt355.
94. Auss dissen erzeleten vrsachen, so vonn misshandlungen356 herreychend, geben
die Christlichen keysser zu, die Eh zu scheyden, vnnd ist alsso bey den Christen im
gantzen Reich, das dazumal sich so gar weyt in Orient vnnd Occident erstre-
ckete357, gehalten worden. Habe ich derhalben angezeyget, damitt man sehe, wie die
rechten, weyssen vnnd gotsforchtigen keysser gar vil einer anderen haltung der Eh
scheydung halb gewessen seind, dann es die Pebst hernaher eingefüret haben358.
Vnnd ist aber[wiederum] kundtlich359, das die selbigen keysser dem wort Gottes
gar vil mer zugeben vnnd gelebt haben dann die Bepst360.
95. Vnnd derhalben schreibt D[octor] Luther alsso vonn dissem handel vber mey-
ster Brentzen büchlin der Eh halben361: »Mir gefallen hierin die weltlichen recht vil
bösser362, als die richtiger hindurch geen vnnd nicht so vil stuck vnnd vrsachen ge-
ben zu manchen irrigen fellen vnd khummernus. Vnnd wer ain Ehlichen gemahel
nympt oder hatt nach solchen rechten, dem kann ein pfarrherr mitt frölichem hert-
zen sagen vnnd vrtheylen, das ers mit gütem gewissen, mitt Gott vnd Ehren habe.
Dann das Euangelion leret vns die weltliche recht ehren vnd halten, an welchen ort
wir seind oder wa wir hinkomen, wie Paulus Rom. clarlich sagt: >Die Ober-
keit, so allenthalben ist, ist vonn Gott verordnet, vnd ein leglicher soll seyner ober-
keit vnderthon seyn<«363. Diss schreibt der Luther. Eben das haltet auch der hochge-
355. VgLNov. 117,14, ClCiv III, S. 564.
356. üblen Taten, Vergehen.
357. Im Jahr 476 wurde das weströmische Reich und die Hauptstadt von den Barbaren über-
rannt. Justiman gelang es zwar, Pannomen (heute etwa Slowemen, Kroatien, Bosmen), ganz Italien
mit den Inseln, die Nordküste von Afrika und einen Teil Südspaniens zurückzuerobern, doch gin-
gen diese Reichsteile kurz nach seinem Tod 565 wieder verloren. Das oströmische Reich dagegen
bestand während des 5. und 6. Jahrhunderts fast unverändert in seinen Grenzen fort: Moesia (heute
etwa Mazedonien und Griechenland), Thrazien (heute etwa der europäische Teil der Türkei und
Bulgarien), ganz Kleinasien, die östliche Mittelmeerküste (Syria, Judäa, Arabia), Ägypten und die
Küste Nordafrikas bis zur Teilungsgrenze der beiden Reichshälften; vgl. Barraclough, Atlas, S. 89,
Karte: The Roman Empire from Diocletian to Justiman.
358. Im 12. und 13. Jahrhundert wurde die Ehe in die Siebenzahl der Sakramente aufgenommen
und ihre Unauflösbarkeit festgeschrieben; vgl. TRE 9, S. 334!. Innocenz III. (1198-1216) formu-
liert m der >Professio fidei Waldensibus praescripta< von 1208: »Comugia carnalia esse contrahenda,
secundum Apostolum non negamus, ordinarie vero contracta disiungere ommno prohibemus« (DS
794). Zur Entwicklung m der östhchen (byzantinischen) Christenheit vgl. TRE 9, S.330L
359. bekannt.
360. Zum Ganzen vgl. oben S.451,21-452,6, S.456,11-19 und S.461,13-18.
361. Gemeint lst die Schnft »Wie m Ehesachen ... nach götthchem bilhchem Rechten chnsten-
lich zu handeln sei« (.Brenz, Frühschriften 2, S.253-296) des schwäbischen Reformators Johannes
Brenz (1499—1570), die 1529 zum ersten Mal erschien. Luther versah eine Wittenberger Ausgabe
von Ende 1531 erstmals mit einer Vorrede. Vgl. WA 30 III, S. 481— 486.
362. sc. besser.
363. Das Zitat entspricht: WA 30 III, S.484,16-485,6. Bucer zitiert einen kleineren Abschnitt
dieses Zitats schon in einem Gutachten zur Ehescheidung 1m Falle von Lepra, oben S. 136,6—8. Das
volle Zitat taucht erstmals m seiner großen Ulmer Eheschrift auf, oben S. 379,1 — 8.