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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0544
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Nr.i 6
Gutachten der Straßburger Prediger für Herzog Ruprecht
Pfalz-Zweibrücken
ca. August 1541

Einleitung
1. Entstehung und Inhalt

Im folgenden Gutachten nehmen die Straßburger Prediger Stellung zu zwei Ehefäl-
len, die ihnen Ruprecht1, Herzog von Pfalz-Zweibrücken und zugleich Straßburger
Domherr, vorgelegt hattc.2 In beiden Fragen geht es um die beeinträchtigende Wir-
kung von Verwandtschaftsverhältmssen für die Schheßung einer Ehe.3 Eine kuriose
Gemeinsamkeit beider Fälle ist die Tatsache, daß es sich um Verwandtschaftsver-
hältnisse handelt, bei denen nur em Elternteil gememsam lst oder die durch die
zweite Ehe eines Mannes entstanden sind. Obwohl dieser Sachverhalt m den Stel-
lungnahmen der Theologen mcht ausdrücklich thematisiert wird, veranlaßte mögli-
cherweise die fehlende volle Blutsverwandtschaft unter den Antragstellern die
rechtliche Unklarheit, die schließlich eine Anfrage an die Prediger der benachbarten
Reichsstadt nötig machte. Ein weiterer Grund für die Anfrage kann in der mögli-
chen Unsicherheit im Herzogtum tiber die nach götthchem Recht tatsächhch verbo-
tenen Verwandtschaftsgrade hegen; eme neue Eheordnung, die viel restriktiver als
bisher vorgehen sollte, schien in Vorbereitung zu sein.4
Der erste Fall ähnelt dem Eheproblem Heinrichs VIII. von England, das die Straß-
burger Prediger zehn Jahre zuvor so intensiv beschäftigt hatte5: Dürfe jemand die
Frau seines verstorbenen Bruders heiraten? Eine solche Eheschheßung strebe ein
Untertan des Herzogs an; er habe jedoch mit erheblichen Zwetfeln über die morali-
sche Rechtmäßigkeit dieses in Lev 18,16 und 20,21 scheinbar verbotenen Vorgangs
zu kämpfen. Daß es sich bei dem betreffenden Antragsteller nur um den Halbbru-
der des Verstorbenen handelte, mag zu der Hoffnung Anlaß gegeben haben, daß die
vorhandenen Gewissensskrupel tatsächlich unbegründet seien. Von noch größerer
Bedeutung war aber, daß der verstorbene Halbbruder seiner Partnerin die Ehe nur

1. Zu Herzog Ruprecht (1506-1544) vgl. unten S. 544, Anm. 19.
2. Die Anfrage des Herzogs konnte nicht gefunden werden.
3. Dieses Gutachten Bucers wtrd auch tn Selderhuis, Huwehjk, S. 232—234 und 240—242 (= Mar-
riage, S.2o6f. und 212k) ausführhch besprochen.
4. Vgl. unten S. 5 51,11 f.
5. Vgl. oben Nr. 8, S. 103-119.
 
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