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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 14): Schriften zu Täufertum und Spiritualismus 1531 - 1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30651#0536
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532 12. schmalkaldener gutachten

gottes diennst sind. ¹ Vonn der kirchenn sind ᵖ allein zuuorstehenn ² die herlichen
vnd tröstlichen | 967 ʳ |zusagenn, so vonn der kirchenn vnnd Gottes volck, vom
Gottshauße jnn der Schriefft stehenn ³ .

Vnnd diese Chrisliche kirche ist nitt ein hauff von allerley Sectenn vnnd rottenn
gesamlett, do ein jtzlicher sein Opinion heldett, Wie der Ketzerisch vnnd jrrig rot- 5
tengeist Sebastianus Francus ⁴ sich hörenn lest, Wilcher aus sich selb ertichtet, das
alle rottenn zusammen, beide ⁵ papisten vnnd die es mitt vnns haldenn, also alle zuhauff
ein kirch sein ⁶ .Aber alle gottforchtigen sollenn wißenn, das diesses ein ketzerische,
rottische opinion ist, vnnd das die kirche nitt ein solich genemigt, gesamlet
wuste hauffe sey vonn allenn rottenn, Sonnder eyn jtzlich Christ ist schuldig, sein 10
Clar bekandtnuß vnnd Confeßion zuthuenn, wilche leute er fur die rechte kirche
Christi halde, Namlich do die reyne lere vnnd recht gottesdienst jnne ist.

Auch schreybt | 967 ᵛ |Sebastianus Franck sunnst viel ketzerische vnnd vordamlich
Artickel, als vndter anndern q dieße ʳ ,das alle sunde gleich sind ⁷ ,vnnd wie
woll er denn vngeschicktenn artickel vnd dergleichenn pflegt mitt seinenn glosen ⁸ 15
vnd eygenn gesuchtenn deuttungenn zu ferbenn vnd zuschmuckenn, So sind doch
soliche blinde vnnd vorworren lere jnn der kirchen fehrlich vnnd schedlich.

Solich tunckel vnnd vngewiß rede vnnd Artickel bringenn leicht viel jrthumb. So
hatt die recht kirche jr lere nitt vonn dem Ph[ilosoph]o Zenone stoico ˢ⁹ ,Sonnder

p) möglicherweise von Bucer am Ende der Zeile nachgetragen: a.
q) korr. aus: ander: a.
r) korr. in: dießes; danach Korrektur wieder gestr.: a.
s) am Ende der Zeile nachgetragen: a.

1. Angesichts der Mitwirkung Bucers am Zustandekommen dieses Textes mutet es seltsam an,
daß die Kirchenzucht in dieser Auflistung nicht vorkommt. Vgl. hierzu oben S.518, Anm. 4.
2. sc. zu verstehen.
3. Vgl. oben S.530,6–12.
4. Sebastian Franck, geb. 1500,gest. 1542; wohl Ende 1530 zog er von Nürnberg nach Straßburg.
Die spiritualistischen Ansichten, die er in seiner ›Türkenchronik‹ (1530) und in seiner ›Chronica,
zeytbuch vnd geschychtbibel‹ (September 1531; QGT 7 [Elsaß I], Nr. 262, S. 342f.; vgl. hierzu Zorzin,
Ketzerchronik) veröffentlichte, führten zu Protesten seitens des Desiderius Erasmus und zu
Francks Festnahme; es folgte ein Publikationsverbot und die Ausweisung aus Straßburg Ende 1531
oder Anfang 1532 (QGT 7 [Elsaß I], Nr. 286, S.358f.; Nr. 294, S.395). Am 18. Mai 1532 verbot der
Straßburger Rat den Druck seines ›Weltbuch‹, den Franck von Kehl aus zu organisieren versuchte
(QGT 7 [Elsaß I], Nr.327,S.543). Im August 1533 suchte er Aufnahme in Ulm (QGT 8 [Elsaß II],
Nr.416, S.123f.), von wo er jedoch im Januar 1539 nach Basel weiterziehen mußte. Zu ihm vgl.
BCor VII, S.436 f.; HBBW IV, S.36, Anm.17; McLaughlin, Spiritualism, S. 133–140; Müller, Sebastian
Frank; Weigelt,Sebastian Franck; Dejung,Wahrheit und Häresie; ders.,Franck; Hayden-Roy,
Inner Word and Outer World.
5. beide ... vnnd: sowohl ... als auch.
6. Vgl. etwa die Aussagen Francks in seiner Schrift an Johannes Campanus vom 4.Februar 1531,

QGT 7 (Elsaß I), Nr.241, S.306,29–309,22 und S. 312,30–313,38.
7. Vgl. ›Paradoxa ducenta octoginta‹ (Ulm: Hans Varnier d. Ä., 1534), Bl. 163b–165a, Nr. 260 f.

(vgl. hierzu MBW Bd.T9, S.175,43 samt Anm.).
8. Glossen, sc. verfälschenden menschlichen Zusätzen. Grimm 8 (= IV,5), Sp.212.
9. Zenon d.J. von Kition, geb. um 334 v. Chr., gest. um 262 v. Chr., Begründer der Stoa.
 
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