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17- STRASSBURGER ENTWURF EINER RECHTFERTIGUNGSSCHRIFT
bücher, vnder die sie aber auch etliche zelen, die bei den alten darfur nie I D[2Z] I ge-
halten oder erkennet worden seind, Vnd dann auch setzen, das allein ire alte Latini-
sche vertolmetschung der Bibel »Authentica«, das ist: recht glaubwurdig, sein solle
vnd das also1, das der von Gott vnd der kirchen solle ewigklich verbannet sein, das
ist: ein »Anathema« sein, der die vnder einigen schein2 verwerffen wolte.3
Da4 aber allen gelerten kundtlich, das solche verdolmetschung im alten Testa-
ment von dem Hebreischen vnd im newen von Griechischem text an filen orten
gröblich verfehlet5 hat, wie das auch der hfeilige] Hieronymus6 vnd fil andere, des
Hebreischen war gelerte menner, auch zu diser zeit,7 vnd furnemlich der hochge-
lert° Erasmus,8 im alten vnd newen Testament vberflissig erwisen9 vnd da gegen
fil bessere verdolmetschung, auch in beden Testamenten, zü Latin vnd Deutsch her-
furbracht,10 Welche nun alle vermöge dises Concilii decret sollen verbannet sein,
dann sie ia alle an filen orten mit derp alten, gemeinen Latinischen verdolmetschung
nit stimmen, So doch11 zu vor auch in den Concilien erkennet vnd gesetzet worden
ist, Das man, wann eines orts der schrifft verstandt I D[f ] I auß den verdolmet-
schungen nit kan wol vernomen werden, das man im alten Testament den Hebrei-
schen vnd im newen den Griechischen text solle besehen,12 Vndq auch Papst Leo13
selb des Erasmi verdolmetschung 'gelobt vnd geprisen’V14
Das ander fundament vnd grundt Christlicher lehre vnd haußhaltung der kirchen
vnd lebens hette diß Concilium gesetzet die traditiones, das ist haltung in lehre vnd
gepreuchen der kirchen, dies, on schrifft vom mund Christi oder vom hfeiligen]
o) korr. aus: hochgelertst.
p) wohl korr. aus: den.
q) über der Zeile ergänzt für gestr.: So hat.
r )—r) von Sturm über der Zeile ergänzt für gestr.: bestätigt.
s) danach gestr.: man.
1. auf die Weise.
2. vnder einigen scheine: unter irgendeinem Vorwand (quovis praetextu); vgl. COD 3, S. 664,28.
3. Die beiden Dekrete sehen das Anathema vor, wenn die darin als kanonisch ausgewiesenen Bü-
cher der Vulgata mcht als heilig und kanomsch angenommen werden oder wenn die Zensur für die
Herausgabe religiöser Schriften übergangen wird; vgl. COD 3, S. 664,16; 665,7.
4. Dabei [ist].
5. nicht getroffen; gefehlt. Grimm 25 (= XII, 1), Sp. 324.
6. Vgl. Hieronymus, Prologus m Pentateucho (Biblia Sacra iuxta vulgatam versionem, S. 3 f.).
7. Die Ubersetzung des Hieronymus wurde bereits von vielen seiner Zeitgenossen heftig knti-
siert, v. a. von Augustin; vgl. TRE 15, S. 310.
8. Vgl. Erasmus, In novum Testamentum praefationes (Winkler, S.44, 87).
9. S. dazu oben S. 257E
10. So zum Beispiel Erasmus, der das Neue Testament anhand des griechischen Textes erneut in
das Lateimsche übertrug, und Luther, der die Bibel m die deutsche Sprache übersetzte.
11. So doch: Obwohl. Grimm 16 (= X,i), Sp. 1380.
12. Vgl. Decr. Grat. I, Dist. 9, c. 6 (Friedberg I, Sp. 17).
13. Leo X., Giovanm de Medici, Papst (1513—1521). Während seiner Amtszeit setzte der Kon-
flikt mit Luther ein. Am 15. Juni 1520 unterzeichnete er die gegen Luther gerichtete Bulle >Exsurge,
Domine<. Vgl. TRE 20, S. 744-748.
14. Vgl. Seidel Menchi, Erasmus als Ketzer, S. 397; TRE 10, S. 9.
17- STRASSBURGER ENTWURF EINER RECHTFERTIGUNGSSCHRIFT
bücher, vnder die sie aber auch etliche zelen, die bei den alten darfur nie I D[2Z] I ge-
halten oder erkennet worden seind, Vnd dann auch setzen, das allein ire alte Latini-
sche vertolmetschung der Bibel »Authentica«, das ist: recht glaubwurdig, sein solle
vnd das also1, das der von Gott vnd der kirchen solle ewigklich verbannet sein, das
ist: ein »Anathema« sein, der die vnder einigen schein2 verwerffen wolte.3
Da4 aber allen gelerten kundtlich, das solche verdolmetschung im alten Testa-
ment von dem Hebreischen vnd im newen von Griechischem text an filen orten
gröblich verfehlet5 hat, wie das auch der hfeilige] Hieronymus6 vnd fil andere, des
Hebreischen war gelerte menner, auch zu diser zeit,7 vnd furnemlich der hochge-
lert° Erasmus,8 im alten vnd newen Testament vberflissig erwisen9 vnd da gegen
fil bessere verdolmetschung, auch in beden Testamenten, zü Latin vnd Deutsch her-
furbracht,10 Welche nun alle vermöge dises Concilii decret sollen verbannet sein,
dann sie ia alle an filen orten mit derp alten, gemeinen Latinischen verdolmetschung
nit stimmen, So doch11 zu vor auch in den Concilien erkennet vnd gesetzet worden
ist, Das man, wann eines orts der schrifft verstandt I D[f ] I auß den verdolmet-
schungen nit kan wol vernomen werden, das man im alten Testament den Hebrei-
schen vnd im newen den Griechischen text solle besehen,12 Vndq auch Papst Leo13
selb des Erasmi verdolmetschung 'gelobt vnd geprisen’V14
Das ander fundament vnd grundt Christlicher lehre vnd haußhaltung der kirchen
vnd lebens hette diß Concilium gesetzet die traditiones, das ist haltung in lehre vnd
gepreuchen der kirchen, dies, on schrifft vom mund Christi oder vom hfeiligen]
o) korr. aus: hochgelertst.
p) wohl korr. aus: den.
q) über der Zeile ergänzt für gestr.: So hat.
r )—r) von Sturm über der Zeile ergänzt für gestr.: bestätigt.
s) danach gestr.: man.
1. auf die Weise.
2. vnder einigen scheine: unter irgendeinem Vorwand (quovis praetextu); vgl. COD 3, S. 664,28.
3. Die beiden Dekrete sehen das Anathema vor, wenn die darin als kanonisch ausgewiesenen Bü-
cher der Vulgata mcht als heilig und kanomsch angenommen werden oder wenn die Zensur für die
Herausgabe religiöser Schriften übergangen wird; vgl. COD 3, S. 664,16; 665,7.
4. Dabei [ist].
5. nicht getroffen; gefehlt. Grimm 25 (= XII, 1), Sp. 324.
6. Vgl. Hieronymus, Prologus m Pentateucho (Biblia Sacra iuxta vulgatam versionem, S. 3 f.).
7. Die Ubersetzung des Hieronymus wurde bereits von vielen seiner Zeitgenossen heftig knti-
siert, v. a. von Augustin; vgl. TRE 15, S. 310.
8. Vgl. Erasmus, In novum Testamentum praefationes (Winkler, S.44, 87).
9. S. dazu oben S. 257E
10. So zum Beispiel Erasmus, der das Neue Testament anhand des griechischen Textes erneut in
das Lateimsche übertrug, und Luther, der die Bibel m die deutsche Sprache übersetzte.
11. So doch: Obwohl. Grimm 16 (= X,i), Sp. 1380.
12. Vgl. Decr. Grat. I, Dist. 9, c. 6 (Friedberg I, Sp. 17).
13. Leo X., Giovanm de Medici, Papst (1513—1521). Während seiner Amtszeit setzte der Kon-
flikt mit Luther ein. Am 15. Juni 1520 unterzeichnete er die gegen Luther gerichtete Bulle >Exsurge,
Domine<. Vgl. TRE 20, S. 744-748.
14. Vgl. Seidel Menchi, Erasmus als Ketzer, S. 397; TRE 10, S. 9.