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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0051
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DER CXX. PSALM

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Religion mitlehren, bekennen und halten. Darnach auff desjenige, des er uff mein be-
sonder thün und halten erdichtet und schendet.
Wiewol er alle die lugen und lesterungen, die alle feind Christi bisher wider unsere
war Evangelische lehre und Reformation und alle Lehrer, bekenner und anhalter30
5 derselbigen erdicht und ausgeschriben, mir allein auffleugt31 und lestret: Ich muß im
allein die lehr in die weit gebracht haben, dadurch alle Gottesvorcht und -dienst allent-
halben erloschen, alles, das die Christenlich kirch je güts geordnet, umbgekert, geistli-
che und weltliche Obren verachtet und ihrer gehorsam entsetzet32, die heilige Hierarchi
der würdigen Priesterschafft gestürtzet, die kirchen und Closter beraubet und zer-
io störet, Der Schmalkaldische bund, durch den fil krieg und mord entstanden,
| D 3 a | angerichtet und die beurische uffrüre33 erwecket ist; Und in summa: alles das
Unglück und aller der undergang alles güten, den man nun in xxv. jaren34 erlitten, daz
müs ich im allenthalben allein haben angericht und zu wegen bracht.
NU die erste und scherffiste lugen und lesterung, die diser Lasterdichter wol mir
15 wider allen menschlichen sinn allein zügeeignet, doch damit beleugt und lesteret alle
lehrer, bekenner und anhenger des heiligen Evangelii Christi, ist, wa unsere lehre ange-
nomen seie und statt habe, das daselbet alle gotsvorcht erloschen, alle zücht und erbar-
keit verfallen, alle lieb und trew gewichen, Dargegen aber alle Gottloskeit, üppig und
verrucht leben35, aller neid und hass und zwitracht erfolget sei.
20 Daruff sag ich: Die früchte unser lehre solle man an denen, die unser lehre in der
warheit angenommen, und nit an denen, sich sich ihr felschlich rhümen, erkennen. So
gehe man nun in die kirchen und Stett, da unsere lehre recht gefüret und warlich ange-
nommen wirt, desgleichen in die kirchen und Stette, in denen das Papstumb noch frei-
steht36 und seinen fürgang hatt37, und besehe an beiden orten, was jedes theils lehre und
25 Religion für frucht bringe.
Erstlich besehe man, was Seelsorger und diener der Religion bei jedes theilen kirchen
erfunden werden. Es ist wol leider auch bei unserem theil in dem allerlei gebrechli-
cheit38, aber kein ort ist, da unsere Christliche Confession gehalten würt, da man je-
mand in disem dienst der kirchen geduldete, der seinen dienst der kirchen nit doch
30 leidlichermassen konde verrichten und sich des auch | D 3 b | trawlich befleissete. Also
wurt auch, Gott lob, keiner in disem dienste geduldet, der in einigem39, öffentlichen
läster lege40. Dagegen wievil hat man, Got lob, in unseren kirchen allenthalben trefli-
cher, gelerter und eifriger männer in aller h. Schrifft und gottseligkeit?
30. Anhänger (die am ... festhalten).
31. Erdichtet, unterstellt. Götze, S. 15; Lexer 3, Sp. 1696.
32. Entbunden (von der Gehorsamspflicht).
33. Bauernkrieg,-Unruhen.
34. In 25 Jahren: seit 1521, dem Jahr, in dem B. nach seiner Entlassung aus dem Orden evange-
lisch zu predigen und zu lehren begonnen hatte.
35. Sittenloses (ruchloses) Leben. Lexer 3, Sp. 208.
36. Ungehindert ist.
37. (Seinen) Fortgang (nimmt).
38. Mangelhaftigkeit, Gebrechen. Lexer 1, Sp. 760; Grzmzzz 1, Sp. 1488f.
39. Irgendeinem.
40. Läge, sich befände.
 
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