DER CXX. PSALM
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anderen prebenden121 durch iren widerchrist zu Rom und wa sie konden, an sich
bringen, die sinds, die sich des vermercken lassen122, das sie gern Fürsten, Graven und
edlen von Stifften und deren nutzungen verstossen und sich an ire statt eintringen wol-
ten. Wie sie dann die kirchen und christliche gemeinden lengist aller irer nützlichen
5 diener am dienst der seelsorge und schulen auch beraubt und deren besoldungen inen
zügeeignet haben.
ZUletst123 lesteret uns der Colnischen Clerisei Vorfechter der Beurischen uffrür
halben124 und schreibet auch die mir allein zu: ich hab die mit meiner lere allenthalben
erwecket und züwegen bracht, das bei hunderttauset man erschlagen seien. Welches
io zumal125 der warheit ehnlich sihet, weil ich zumal hab bei allen Bauren in Deudschen
landen sein und predigen konden, und als ob ich der erste oder vornemiste were gewe-
sen, der die lehre des h. Evangeli" hette uffbracht und gefüret.
Das ist aber war, das die allerersten uffrürischen bauren, die vor allen anderen die
uffrür im Schwartzwald hatten erwecket, sich des frei bezeuget haben, sie wolten mit
15 der newen lehr des Evangelii nichs zu thün haben, sonder begerten allein, der leiblichen
beschwerden erleichtert zu werden126. Nun die anderen haben sich, wes sie wollen,
berümet, so ist doch das, Gott sei lob, allen, die unsere predigen gehört und Schrifften
gelesen, bewüßt, das wir, die das Lutherisch Evangeli predigen, zu aller ge-
| F 2 b | horsame und stille127 meniglich zum trewlichsten vermanen und niemand
2.0 darwider je beweget haben. Der Cölnisch Schandtichter gibt wol für, das ich den
bauren solle gesagt haben, das sie nit solten zehenden128 geben, oder dem gemeinen
mann gesagt, wann die Oberkeiten die kirchen nach unserem gefallen nit wolten refor-
mieren, das er es thün solte. Darinn redt er aber die bewüßte onwarheit, deren ich in mit
meinen schrifften vor, in und nach der Bauren uffrür geschriben und auch zum theil im
n) Eunngeli.
121. Pfründen (praebenda).
122. Denen man es anmerkt. Lexer 3, Sp. 178.
123. Wer die Beurisch uffrür erwecket. [Marg.].
124. In Bezug auf die Bauernaufstände, des Bauernkrieges wegen.
125. Besonders (ironisch gemeint), zu gleicher Zeit.
126. Der erste Bauernaufstand, der im Reich unter dem Einfluß der Reformation ausbrach,
erfolgte im Juni 1524 im Schwarzwald in der Landgrafschaft Stühlingen. Die Aufständischen hatten
sich dort zu der »Christlichen Vereinigung im Schwarzwald« zusammengeschlossen, die bald durch
ihre Verbindung mit dem Waldshuter Pfarrer Balthasar Hubmaier unter den Einfluß der Täufer
geriet. Vgl. RGG 1, Sp. 928f.; G. Franz: Der deutsche Bauernkrieg. 10. Aufl. 1975. — Die Darstel-
lung B.s ist nur halb richtig: Schon in der »Christlichen Vereinigung« verbanden sich kirchliche und
soziale Forderungen. - Im Elsaß hat es lange vor der Reformation Bauernaufstände gegeben, z. B.
1493 in Schlettstadt. Der »Bundschuh« - als Symbol nachweislich schon um 1400 gebraucht - wird
bereits 1502 in den Straßburger Ratsakten erwähnt. Im übrigen haben sowohl der Rat als auch die
Prediger der Stadt Straßburg bei den Bauernaufständen wiederholt zu vermitteln gesucht. Vgl.
Adam, S. 104 f.
127. Ruhe (Zurückhaltung).
128. Über die Forderungen der Bauern, den Zehnten abzuschaffen, vgl. G. Franz: Die Entste-
hung der »Zwölf Artikel« der deutschen Bauernschaft. In: ARG 36. 1939. S. 1930.; RGG 1,
Sp. 928ff.
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anderen prebenden121 durch iren widerchrist zu Rom und wa sie konden, an sich
bringen, die sinds, die sich des vermercken lassen122, das sie gern Fürsten, Graven und
edlen von Stifften und deren nutzungen verstossen und sich an ire statt eintringen wol-
ten. Wie sie dann die kirchen und christliche gemeinden lengist aller irer nützlichen
5 diener am dienst der seelsorge und schulen auch beraubt und deren besoldungen inen
zügeeignet haben.
ZUletst123 lesteret uns der Colnischen Clerisei Vorfechter der Beurischen uffrür
halben124 und schreibet auch die mir allein zu: ich hab die mit meiner lere allenthalben
erwecket und züwegen bracht, das bei hunderttauset man erschlagen seien. Welches
io zumal125 der warheit ehnlich sihet, weil ich zumal hab bei allen Bauren in Deudschen
landen sein und predigen konden, und als ob ich der erste oder vornemiste were gewe-
sen, der die lehre des h. Evangeli" hette uffbracht und gefüret.
Das ist aber war, das die allerersten uffrürischen bauren, die vor allen anderen die
uffrür im Schwartzwald hatten erwecket, sich des frei bezeuget haben, sie wolten mit
15 der newen lehr des Evangelii nichs zu thün haben, sonder begerten allein, der leiblichen
beschwerden erleichtert zu werden126. Nun die anderen haben sich, wes sie wollen,
berümet, so ist doch das, Gott sei lob, allen, die unsere predigen gehört und Schrifften
gelesen, bewüßt, das wir, die das Lutherisch Evangeli predigen, zu aller ge-
| F 2 b | horsame und stille127 meniglich zum trewlichsten vermanen und niemand
2.0 darwider je beweget haben. Der Cölnisch Schandtichter gibt wol für, das ich den
bauren solle gesagt haben, das sie nit solten zehenden128 geben, oder dem gemeinen
mann gesagt, wann die Oberkeiten die kirchen nach unserem gefallen nit wolten refor-
mieren, das er es thün solte. Darinn redt er aber die bewüßte onwarheit, deren ich in mit
meinen schrifften vor, in und nach der Bauren uffrür geschriben und auch zum theil im
n) Eunngeli.
121. Pfründen (praebenda).
122. Denen man es anmerkt. Lexer 3, Sp. 178.
123. Wer die Beurisch uffrür erwecket. [Marg.].
124. In Bezug auf die Bauernaufstände, des Bauernkrieges wegen.
125. Besonders (ironisch gemeint), zu gleicher Zeit.
126. Der erste Bauernaufstand, der im Reich unter dem Einfluß der Reformation ausbrach,
erfolgte im Juni 1524 im Schwarzwald in der Landgrafschaft Stühlingen. Die Aufständischen hatten
sich dort zu der »Christlichen Vereinigung im Schwarzwald« zusammengeschlossen, die bald durch
ihre Verbindung mit dem Waldshuter Pfarrer Balthasar Hubmaier unter den Einfluß der Täufer
geriet. Vgl. RGG 1, Sp. 928f.; G. Franz: Der deutsche Bauernkrieg. 10. Aufl. 1975. — Die Darstel-
lung B.s ist nur halb richtig: Schon in der »Christlichen Vereinigung« verbanden sich kirchliche und
soziale Forderungen. - Im Elsaß hat es lange vor der Reformation Bauernaufstände gegeben, z. B.
1493 in Schlettstadt. Der »Bundschuh« - als Symbol nachweislich schon um 1400 gebraucht - wird
bereits 1502 in den Straßburger Ratsakten erwähnt. Im übrigen haben sowohl der Rat als auch die
Prediger der Stadt Straßburg bei den Bauernaufständen wiederholt zu vermitteln gesucht. Vgl.
Adam, S. 104 f.
127. Ruhe (Zurückhaltung).
128. Über die Forderungen der Bauern, den Zehnten abzuschaffen, vgl. G. Franz: Die Entste-
hung der »Zwölf Artikel« der deutschen Bauernschaft. In: ARG 36. 1939. S. 1930.; RGG 1,
Sp. 928ff.