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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0091
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EIN SENDBRIEVE MARTINI BUCERI

8?

one eine trostschrifft nit wider lassen zu euch reisen7. Habe also in der eil gegenwertige
schrifft an euch gestehet, der Herre gebe | A 2b | zu ewerem waren und würcklichen
tröst und besserung. Amen.
Ir schreibt8, lieben brüder, wie euch so hart bekümmere, gantz kleinmütig und zag
5 mache, auch hoch verwundere, das der gütige, barmhertzige Got über so vil wares
betten der seinen also lang züsehe, das seine und seins lieben Sons, unsers herren Jesu
Christi, widerwertigen9 - die im sein h. Evangelion, Sacrament und zücht so grewlich
verkeren — aus diser unserer Züchtigung nit allein ursach nemmen, seine so grosse und
herrliche gnaden, die er uns durch züsendung seines worts und den seligen anfang
10 Christlicher Reformation, wie geringe der leider noch ist, so vil trutzlicher10 zu lesteren
und gewaltiger zü widerfechten dann je, sonder auch die wege finden, die reine lehr
Christi und den brauch der heiligen Sacramenten, den der Herr selbs hat eingesetzet, an
nit wenig noch geringen orten wider abzütreiben und ire offenbare verkerungen der lehr
und Ordnung des Herren wider einzütringen11, Auch hoffnung empfahen, solchen
15 jamer und verderben allenthalben anzürichten12.
Dise grewliche Schmach und lesterung gütlicher Majestet und schwere ergemüs so
viler menschen, die hieraus erfolget, solle wol uns alle, lieben brüder, zum höchsten
bekümmern und uns hertzlich weh thün, dann wir ja vor allem und von gantzem hert-
zen stetigs beten sollen, das unser Gott und himlischer Vatter wolle seinen gütlichen
20 namen bei und durch uns immer und allenthalben mehr und weiter heiligen und sein
reich stercken und erbreiten13. Das wir aber darumb wolten kleinmütig und zag werden
oder uns auch hoch befrembden14 lassen, das unser barmhertzigster, getrewister himli-
scher vatter über so vil und wares gebet und flehen der seinen den trutz, das lestern und
widerfechten seines Reichs nit alsbald stillet, das were unserem war christlichen glau-
2.5 ben, der alle ding nach dem wort des Herren erkennet, richtet und uffnimmet, gantz
ongemeß15.
Das ist aber disem glauben gemeß, und das bringet er auch | A 3 a | notwendiglich in
allen denjenigen, die ihn in der warheit haben, das wir uns aus diser Züchtigung zü
unserem Gott und vatter, der uns allein schlegt, von gantzem hertzen bekeren und aus
7. B. ist also bereits an der Arbeit und beabsichtigt, diese später noch abzuschließen. Vgl. Einlei-
tung, Anm. 3, und den Schluß des >Sendbriefes<, wo die Auslegung noch einmal erwähnt wird.
8. Dieser Brief ist leider nicht mehr vorhanden, auch nicht im TB.
9. Feinde, Gegner. Lexer 3, Sp. 871.
10. Um so trotziger, offener. Lexer 2, Sp. 1499.
11. Aufzunötigen.
12. Der im Schmalkaldischen Krieg siegreiche Kaiser hatte den unterworfenen Städten verschie-
den harte Bedingungen auferlegt, aber die Forderung, einige Gotteshäuser den Anhängern des alten
Glaubens zurückzugeben, fehlte nirgends. Für Straßburg vgl. Adam, S. z6off. Die Forderungen der
katholischen Seite gingen natürlich weit darüber hinaus und waren, was Straßburg betraf, seit
langem bekannt. In Bonn schien die Lage der Evangelischen im Erzstift Köln der des Volkes Israel
nach der Wegführung vergleichbar zu sein: Es gab wenig Hoffnung auf Menschenhilfe. Darum
waren Jes 50.51 wirklich ein »Wort zur Lage« und der Hinweis auf Gottes harte Hand in der
Geschichte seines Volkes Israel von eindrucksvoller Aktualität und geistlicher Relevanz.
13. Ausbreiten. Lexer 1, Sp. 619.
14. Verwundern, anfechten.
15. Unangemessen.
 
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