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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0179
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i. VON DER KIRCHEN MENGEL VNND FÄHL

175

von Christo gegeben, sonder auch furnemlich datzü geordnett, das sie für die angefoch-
tene, betrupte gewißnen vnd hertzenn jnn der kirchen ein ewige vnnd gewiße Artzney
sei, die selben zu jeder zeit zütrösten vnd züsterckenn.
Denn gleich wie vnser lieber herr Christus nit ein raube seins gedaucht112, Gott gleich
5 züsein, sonder von vnsertt wegen sich solcher herrlichkeit geüßertt vnd knechtes gestaltt
an sich genommen113, also hatt er auch, noch dem er die erlosung menschlichs ge-
schlechts vollendet, sich | b 4b [Jnn allen dingen zum eußersten zu vnns hernider
gelaßen vnnd kein mittel, das den menschen zu seines verdiensts wäre erkandtnis brin-
gen mag, vnderlaßen, denn er will nit, das sein leiden vnnd sterbenn an jemands verloren
10 sein solle. Nun ist aber vnder andernn blödigkeiten114 vnnd schwacheiten menschlicher
natur diße nit die geringste, das sie jhr zu der zeit der trubsal vnd angst leichtlich laßet1
den teuffel das Äußerlich vnnd mundtlich wort außschlahen115 vnnd also anfacht züge-
dengken: ob wol Gott gütig vnnd gnedig ist, so erzeygt er doch solche barmhertzigkeit
allein denen, die jhre sund gantz erkennen, vollkomne rew vnnd leid vber sie haben
15 vnnd, noch dem sie zu erkandtnus des Euangelij komen sind, jnn steiffem116 glauben
vnnd volkommen gehorsam jm nachkhommen sindt; du aber117 hast dein leben jnn
großen sunden vnnd vnuollkomenheit verzerett, deinen Gott erzurnett, darumb er dir
dann die oder diße not zügeschickett hatt, vnnd wer weiß, ob diße straff nur ein anfang
ist der ewigenn.
2.0 Wann dann schon ein sollich betrübt hertz das Euangelium hörett oder lißett, das gott
wolle, das allen menschen geholffen werde118 vnd das er nitt wolle den tod des Sün-
ders119, auch das zerstoßen rhor vnnd glumenden dochtt120 nichtt wolle zerstoßenn
noch außloschenn121, So ist doch gleich wol dißer scrupel noch jmertzu jm weg: ja, wer
weißt aber, obs auch von deiner person geredt ist? wen du ein gewiß Zeichen hettest von
25 deinem herren Christo, wie Thomas vnnd andere gehept haben, So woltest auch dester
vester glauben vnnd beßer zufridenn sein, wenn er auch vom himel zu dir redette wie
mitt Paulo vnd Petro.
Sollicher nun vnserer blödigkeit vnd schwacheit zuhelffen vnnd zu steuren, ist vnser
lieber heilandt Christus Jhesus nicht vernugett122 gewesen, das sein heilig Euangelium
s) in Textlücke zwischen »ein« und »sein« add. Korrektor: raube; offenbar hat der Abschreiber
das Wort »raube« nicht lesen können. Diese und ähnliche Korrekturen stützen die Vermutung, daß
der Korrektor B.s Mitarbeiter Konrad Hubert ist.
t) korr. aus: heit.
112. Von mhd. >dunken< = dünken; hier Prt. mit Acl.
113. Vgl. Phil 2,6.7.
114. Zaghaftigkeiten. >Blödigkeit< als älteres Wort steht synonym mit dem neueren Wort schwa-
chem in einer Doppelform.
115. Aus dem Sinn schlagen.
116. Festem.
117. Der Wechsel in den appellativen Stil der 2. pers. sing, bedeutet einen ganz natürlichen
Übergang in die direkte Rede in einem gedachten Beispiel.
118. Vgl. 1 Tim 2,4.
119. Vgl. Hes 33,11.
120. Glimmenden.
121. Vgl. Jes 42,3. 122. Damitzufrieden.
 
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