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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0185
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i. VON DER KIRCHEN MENGEL VNND FÄHL

181
gelestertt vnnd das theure verdienst seines Lieben Sons so gar vernichtigett155 werde,
wie dann leider in den erzeleten puncten gnügsam antzeiget worden, das der selben
weder einer noch keiner recht, wie er billich soltt, gehakten wirtt.
So aber solche hiegegen woltthen also sagen, wiewol sie bekamen, wan es recht zü-
5 geing, das billich dißen funff puncten, souil muglich, solte gelept werden, jedoch: so
seye diße gegenwertige zeit dermaßen geschaffen, das nicht muglich seye, ein verbeße-
rung zuuermüthen156. Denn die rechten groben läster haben nit allein bei dem schlech-
ten, gemeinen man vberhand genommen, sonder auch vil der Obersten vnd furnemsten,
die es ettwa weeren soltthen, seyen eben mitt den selbigen behafft als mitt gottßleste-
io rung, Verachtung des heyligen Euangelij, mitt hürerey vnnd allerley mißbrauch der
gaben Gottes, mitt wucher vnd beschwerung | c 3 a | gemeiner Statt157. Wann dann nun
soltte der kirchen zücht vnd disciplin durch die vbung des banns wider gebraucht wer-
den, so muste man solche große hansen158 am ersten angreiffen, wolten wir anderst nit
ein mugken seygen vnnd ein Cameel verschlinden159. Do wurde sich aber die noht recht
15 erhebenn, die da bald zammen160 rotthen vnd parten geben soltte, daruß dann entlieh
nicht allein dem vbel nichts gewehret wurde, sonder auch zu vffrür, todtschlag vnnd
gantzer zerruthung der kirchen reichenn möchte, das wir auch vmb das kemen, so wir
noch haben. Welches alles zuuerhieten, es nachmals beßer vnd weger161 seye, alles
plyben laßenn jnn dem stand, darin es bißher gewesenn ist etc.
20 Auff sollichs ist zu antwortthen: wir bekennens vnd gebens auch gern zu, wenn man
wolte oder mueste dißen weg oder mittel zühandlen furnemen, das ettwas vßzurichten
vnmuglich were. Es were aber auch nit der weg oder das mittel, so vnser lieber herr
Christus die Apostel vnd ihre nachkömling162 braucht haben. Denn gleich wie zu dißer
vnser zeit diße Statt ein Christenliche statt vnnd alles volck darin nicht Türcken oder
25 heiden, sonder Christen wollen genant werden, auch alle deßhalbenn jnn jrer jugent die
Teuffe entpfangen, also auch zu der zeit Christi vnnd der Apostel wolt das gantz jüdisch
volck nicht ein heidnisch, sonder ein vßerwölt volck gottes sein, waren auch deßhalben
alles, was manlich war, am achten tag nach Gottes beuelch beschnitten, opffertten jm
tempel Gottes vnnd dergleichen; aber nichts dester minder waren sie darumb nit alle die
30 Christenlich kirch, junger des herren Christi, bruder vnnd Schwestern vnder einander,
on allein diß heufflin, das durch die predigen des herren bewegt worden, sich selbs
freiwillig begaben, im nachzüuolgen vnd seine junger züsein; gleicherweiß nach seiner
herrlichenn vfferstehung, da jm durch die Apostel auß allen völekern solte ein kirch
gesamlett werden, geschach sollichs von den Aposteln auch nicht on sunderlichen
35 großen vnderschidd. Nemlich das sie wol menigklich das Euangelium predigten, aber
für glidder der gemeind gottes, für jhre bruder vnnd Schwestern erkandten sie nie-
155. Völlig zunichte gemacht.
156. Für wahrscheinlich zu halten.
157. Mit überhöhten Zinsen und ungerechtfertigter Belastung.
158. Herren von Namen und Stand (ironisch gemeint).
159. Eine Mücke seihen und ein Kamel verschlucken (nach Mt 23,24).
160. Zusammen. (Not ..., die bald Zusammenrottung und Parteiung bringen würde.)
161. Richtiger, besser. (Lesser vnd wegen = synonyme Doppelformel.)
162. Nachfolger.
 
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