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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0194
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

wir vns selbs für vnsere personen der selbigen vnderworffen haben vnd vns, jren gebot-
ten vnd verbotten zu geleben, befleißen etc. Fürs ander, so jst dißer gewalth, den wir
nicht vns, sonder der kirchen geben werde begeeren216, nicht dermaßen geschaffen, das
er der welttlichen Oberkeit an jrem gewalth ettwas hindernus oder nachtheil bringe, vnd
solchs auß diser vrsach, das vnser lieber herr Christus sprichtt Mathei am XX [25-28]: 5
Die welttlichen fürsten herschen, vnnd die oberherren haben gewalt, abernitt also wider
euch, sonder, so jemand will vnder euch gewaltig sein, der sei euwer diener, vnd wer da
will der für nembst sein, der sey euwer knechtt. Gleich wie des menschen sün ist nichtt
komen, das er jm dienen laße, sonder das er diene vnnd gebe sein leben zu einer erlosung
für vil; mitt wölchen wortten er klarlichen anzeiget, das seiner lieben kirchen gewaltt 10
gar nit stehe jm herschen vnnd regieren wie der welttlichen Oberkeit gewalth, sonder jm
dienen, das es billicher217 ein dienst ampt solt genennet werden denn ein gewalt; Die-
weil jnn der kirchen niemands gezwungen, sonder vil mehr jederman gedienert wirtt zur
vffbauwung, das ewig leben zuerlangen, wie denn sollichs öffentlich ist vß den funff
obertzölten puncten, die alle dahin gerichtet sind, nicht das dadurch die kirch jhr Die- 15
nen laße, sonder damit anderleuwthen dienet als jm predigen, Sacrament reichen, Abso-
luirn, Straffen vnd ermanen. Darumb sich dan auch ein Oberkeit nit hatt züförchten,
das jr ettwas nachtheil oder schaden entston möchte an jrem gewalth, wo sie der kirchen
jr dienst ampt laßen, so doch, wie gehört, die kirch nicht herschett, sonder allein dienet.
Fürs dritt, so wenig hindertt der kirchen gewalt oder, wie mans nennen will, kirchen 20
dienst die welttlichen oberkeyt an jhrer regierung, das nit muglich, die selben zuerhal-
then vnnd recht zu brauchen on hilff | d 3 b | Vnd zuthün der kirchen, wie wir denn
leider für äugen sehen, was für ein wilde, mutwillige, halßstarrige218 jugent dennacht
nur219 seid der zeit, das die durch den Bapst verderpte dicciplin vnd zücht vffgehaben
ist, herwachßet, welche, so sie zu jhrem männlichen alter komen soll, muhe vnnd arbeit 25
brauchen wirtt züregieren, nach dem alten vnd wahren Sprichwort: es ist nit güt, alte
hund bendig220 zümachen. Fürs vierde, das aber ettlich sagen, so diße Ordnung der
kirchen zügelaßen werde, so werde sie jnn einer kurtze ein new bapstumb gebeeren,
Solchen antworten wir: sie wißen selber nitt, was sie reden; dann ob sie wol ettwa im
Bapstumb gesteckt vnd jetzt so ein lange zeit das Euangelium gehört, so haben sie doch 30
noch nit so vil gelernet, das sie wüsten, was doch das Bapstumb sey. Dann das Baps-
tumb steht nitt jm glogken leuten, kleider anziehen221, die oder jhene speiß eßen vnnd
andern dergleichen mehr äußerlichen6 dingen, Sonder es ist der groß vnnd erschrocken-
lich grewel, das man von Gott abgefallen ist vnd sein wort vnnd die heiligen Sacrament
zü allerley abgötterey mißbrauchtt, das man das verdienst vnsers heilandts Christi 35
vernichtigett vnd die leuth vff jhre eigne, selbs erdichtete, vnuolkomne, stinckende

e) korr. aus: inerlichen.
216. Begehren, daß ... gegeben werde.
217. Richtiger, sachgemäßer.
218. Hartnäckige, störrische.
219. Denn doch, nun gerade.
220. Zahm.
221. Meßgewänder anlegen.
 
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