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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0220
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

Die kinder sind ja mehr Gottes vnd der gemeinden, beide, der Religion gemeinden
vnd policei, dan jrer Eltern; darumb die obren vnd vorgesetzten beider gemeinden
versehen44 vnd bestellen solten, das alle getaufften vor allem Gott vnd der kyrchen
leisten, was sie gelobt vnnd schuldig sind, souil Gott mehr vnd höher ist dan die men-
schen. 5
Nun gestattet man niemandt jn einiger Recht geordneten politischen commun, das
einer syne kinder wolte zu wider der Commun vnd oberkheit der selbigen
| [6a] | vffziehen vnd den fygenden45 syner Commun vnd oberkheit verpflichten. Auch
wan die jungen dahin erwachsen, das sie sollen der Commun hulden46 vnd jre gepiire47
geben vnnd tragen, so haltet man sie auch darzü ahn, das sie solchs thun müßen. 10
Wieuil weniger solle dann ein Christliche oberkheit gedulden48, das jemand syne
khinder wölte laßen vffziehn Gott vnd syner gemeind zuwider vnd dem Satan verpflich-
ten? Welches je geschieht an allen denen kindern, die man durch verlaßung49 Christli-
cher lehre vnd nit anhalten zu Christlicher Zucht vnd gemeinschafft laßet jn vnglauben,
Verachtung Christi vnd jres Tauffs vnd also zu aller gottloskheit vffwachsen vnd verder- 15
ben.
Vnnd wieuil mehr sind alle Christliche obren schuldig, zu versehen vnd zuuerschaf-
fen50, das die getauften, so durch den Tauff, den sie doch von allen bürgern erfordren,
kinder dess allerhöchsten worden seind, zu synem göttlichen gefallen vnd gemäß dem
himlischen burgerrechts vffgezogen, gelehrt vnd sich zühalten getriben werden. Dann 20
der ewig Gott sagt, das die von synem volckh sollen vßgerottet werden, die vom bund
syner gnaden vnd Rechten gotts dienst sich entfremdten51. So hatt auch vnser Herre
Christus Matth, vltimo [28,20] vßdruckelichen gepotten, alle getaufften zu lehren halten
alles, was er befohlen hatt.
| [6b] | Diewyl man nun one das, vß gepott vnser oberkheit, vffschrybt alle kinder, so 25
getauffet werden, so möchten pfarrer, helffer52 vnnd kylchenpfleger53 gar lycht jeden
kinderen zu rechter zyt nachfragen, vnd so die so lang jm leben blyben vnd zu dem alter
khemen, das sie die kinderlehre faßen möchten, die eitern, wa die jn solchem nit für sich
selb jhr ampt thaten, christlichen vermanen, dem almechtigen jre pflicht an jrem eignen
fleisch vnd blut nit zuuersumen. Vnd wa die eitern jn dem die kirch nit wolten hören, so 3°
solte ja die oberkheit jr ampt vnd ernst gegen solchen bewysen vnd niemand gestatten,
syne kinder, die er jm H. Tauffe Gott ergeben, der sie auch geschaffen vnd für die er
s) auch möglich: burgkrecht; so B.
44. Anordnen.
45. Feinden (<vyjiend, viend).
46. Huldigen, den Bürgereid leisten.
47. Abgaben, Lasten, Steuern.
48. Zulassen, gestatten; auch: ertragen.
49. Abkehr von; Unterlassung (der Mitteilung).
50. Anzuordnen und dafür zu sorgen.
51. Vgl. iMos 17,14.
52. Helfer: der zweite Geistliche (Diakon) an der Kirche.
53. Kilche = alem. Wort für Kirche. Seit dem 30. Oktober 1531 gibt es in den sieben Pfarrge-
meinden der Stadt je drei Kirchspielpfleger. Vgl. BDS 5, S. 17.
 
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