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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0222
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

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sind, wider ernewete nach der besten gelegenheit der leütten vnnd heiißer. Nitw das die
leüt darumb nit solten frey bleiben, die predig zu hören, da sie sich am besten verhofften
zübesseren, sonder weil doch mit dem einsegen der Ehen, taüffen vnnd besüchung der
kranckhen die abtheilung der pfarren gehalten wirdt, Das desto eer auch dißes erlanget
werden möchte, das jedermans kind vnnd gesinde zu dem Catechismox bracht vnnd 5
auch mit den alten die christlich gmeinschafft besser erhalten würde vnnd also iedes
kirchspils kirchenpfleger, pfarrer vnnd helffer jr ampt vnnd dienst desto bas gegen
menigklich verrichten, so fil die gantze seelsorge vnnd die gemeinschafft vnnd zücht
Christi belanget.
Solichen fleiß vnnd ernst, alle getaüfften zülehren halten alles, das der herre befolhen, 10
will vnserm vnbendigen fleysch vnnd stoltzer fleischlicher vernunfft jmer zu fil sein.
Man bedencke aber, was da seye Gott lieben vnnd im dienen von gantzem hertzen, von
gantzer seelen vnnd von allen krefften, vnnd das man sych in allem gottesdienst so fil
einbrünstiger68 vnnd ernster dan in einigen menschlichen geschefften beweisen solle, So
fil gott, das ewige gütt, alles vbertriffet vnnd so vil theürer ist dan alle weit das blut 15
vnsers herren Jesü, damit alle erwelten erkauffet synd.
| [8 a] | Nün sehen wir aber, wie die vemünfft lehret, das man in den menschlichen
hendlen vnnd geschefften, die doch dem menschen gar vil leichter zühalten sind dann
warer gottes dienst, Ordnung vnnder den leüthen haltet: jn den Stetten werden die
Bürger in die zünffte abgetheilet, von denen muß ein jeder das zunfftrecht selb begeren 20
vnnd empfachen, seine gehorsame dero versprechen; da wirt auch eins ieden namen
vffgezeichnet, vnnd zu jren zeitten müßend die zünfftbrieder züsamen kommen, jre
articul vnnd Ordnung hören vnnd denen geloben. Haben auch jr eigen gericht vnnd
straffen darüber. Deßgleichen haben sie auch jre Ordnung für ire knecht vnnd gesellen
vnnd für der abgestorbenen zunfftbrüder kinder. 25
Also in geschefften des kriegs: wie fil volcks man beieinander hatt, noch69 haltet man
auch vnnder jnen Ordnung: je zehen haben jren Rotmeister70, über die sind dann die
quartiermeister, weibel71 vnnd andere beuelchsleüt, vnnd die alle noch vnnder einem
haüptman, der auch selten meer vnnder sich hatt dan v. hundert, vber welche noch synd
die regiments vnnd andere öbristen. So hatt man auch aller kriegsleütt namen vffgeschri- 30
ben vnnd weißt ieder Rott72 losament73, damit sie zür hand seien, einem jeden zübefel-
chen, was gemeine notdürfft des kriegs erheischet.
| [8 b] | So man nun solchen vleiß ankheret in den menschlichen zergenglichen Sachen,
so erkennet ein ieder christ, dem die religion nit ein vergeben scheinwerckh74 ist vnnd
w) damit B. - x) korr. aus: Cathechismo.
68. Im Text ist die neuhochdeutsche Diphthongierung (i>ei; ü>au; iu>eu) nur zum Teil durchge-
führt. Hier in >einbrünstig< eine hyperkorrekte Form.
69. Hält man dennoch.
70. Korporal.
71. Feldwebel (auch: Sergeant).
72. Korporalschaft.
73. Unterkunft, Wohnung.
74. Zwecklose Heuchelei.
 
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