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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Wilhelmi, Thomas [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 18): Nachträge 1541 - 1551 sowie Ergänzungen und Korrekturen — Gütersloh, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30530#0210
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De purgatorio

206
6. entwurf für den vortrag

gott, der allmechtig, seine sünd auß barm- | 379 ᵛ | hertzigkeit vnd durch den
verdienst Christi verzeyhe, vnd auch sich selbs diser gnedigen verzeihung mit
sollichem gebett zuuertrösten. Welche vrsache der h. Dionysius diß gebetts
halben gibt ¹ .

Also ist offenbar, das die alten heyligen das h. nachtmal bey den leychen fur 5
die abgestorbenen gehalten haben zu besserung der lebendigen vnd nicht, das
sie den todten haben dadurch auß dem fegfeür oder anderen poenen ² helffen
wöllen, dauon die kirch damals nichts gewist hatt vnd nach zu den zeytten
Augustini im zweyfel gestanden ist, ob die gleubigen noch dyser zeyt ettwas
gebüst vnd gereyniget werden oder nit. Was aber ein artickel des glaubens ist 10
vnd ein eigentliche vbung der Christlichen kirchen, das hatt bey zeytt der
Apostelen vnd allweg müssen darfur gehalten vnd erkhennet worden sein.

Nun ist aber offenbar, das die elteren leerer alles büssen vnd reinigen des
menschens in dise gegenwertige zeyt gestellet vnd dem künfftigen das einnemen
gutes oder böses, nach dem man hie gescheiden ist, zugeeignet haben; 15
darumb auch jnn dem gesang vnd gebetten, das man jnn den gemeynen todten
vigilien ³ gebraucht hatt, alles allein ist gebett ᵐ in gemein vmb verzeihung der
sünden vnd das man am jüngsten gericht gnad fünde vnnd ein selige aufferständtnüß
erlange; | 380 ʳ | da würt des fegfeurs mit keinem wortt gedacht, sonder
heist: »libera me domine a morte aeterna in die illa tremenda, quando coeli 20
movendi sunt et terra; Item commissa mea pavesco et ante te erubesco, dum
veneris iudicare noli me condemnare; Item peccantem me quotidie et non
poenitentem timor mortis conturbat.« ⁴

Wie aber nun von alten von disem artickel gehalten worden, so weyß man
doch, das die h. geschrifft, die alles gutts vollkommen leeret, weder mit wor- 25
ten noch exempel ettwas von disem bitten fur die todten meldet, auch das auß
diser vbrigen sorge fur die todten grausame vnd gantz schwere greuwel in die
kirchen eingefüret sein.

Derhalben endtlich von nöten sein württ, das die schweren mißbreuch der
seelmessen abgeschaffet werden, welche vmb zeyttlichs genieß willen also ge- 30
mehret worden seindt, das mehr Messen fur die todten dann fur die lebendigen
gehalten werden, so doch offenbar, das der herr diß sacrament seinen
gleubigen, so hie leben, verordnet hatt im zur gedächtnüß vnd das sie jmmer
mehr in im leben vnd er jn jnen. Er spricht ja: »nement vnd essendt vnd thund
mir das zur gedächtnüß« ⁵ , sagt nicht, opfferens fur die oder jhene. 35

m) von anderer Hand in freigelassenen Raum in der Zeile nachgetragen: a.

1. Die Stelle in (Pseudo-)Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia ließ sich nicht
verifizieren.
2. Strafen.
3. Totengebet in der Nacht vor der Beerdigung. LThK ³ 10 (2006), Sp.130.
4. Responsorium im Ordo exsequiarum in der Liturgia defunctorum.
5. I Kor 11,24.
 
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