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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0055
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

leben in deinen eygen Clöstern fürgodt, ligt am tag 30. Noch meynen
ir, die stendt solle doch darumb nyemant verwerffen, der geistlichen
würdigkeit solle deshalb nyemant verachten, obgleich die personen
B 3 b nichts sol- | len. Und warumbp wölt ir dann das heylig Evangelion, das
wir predigen, schelten, es mache rumor, deßhalb das sich sein vil loser
buben felschlich annemen und schantlich misszbrauchen ? Ist es doch
Christo selb und sein Apostelen solchs widerfahren. Und was ist ye
guts uff erden kummen, das nit die bösen beschmeyßt haben ?

Aber ich besorg, das Evangelion müssz darumb der rumor von den
Magistri nostri leüten gescholten werden. Vorhyn waren sye Magistri nostri 31, Edel
und unedel gieng ynen entgegen, ire münch dorfften nit höher grucken 32
dann ynen gefellig. Da trug der gemeyn mann weydlich zu und mocht
man in aller pracht und suß leben, trotz der es ynen hette wöllen wören.
So man dann nun durch das wort Gottes erlernet, das ir lere den meren
theyl unnütz und dazu verfürisch ist, ir heyligkeit gleisnerey, ire gebett q
und Messen gotslesterung, will man ynen nit in irer lere recht geben, ir
geistlicheit nit me achten, ir gebett und Messen nymmer kauffen,
sonder alles ir thun, so göttlicher schrifft ungemässz und widrich,
straffen, schelten und die leüt darvon abwenden: das mussz dann
gerumort sein. Also wöllen wir aber, wie gesagt, so lang wir leben nit

p) darumb. - q) gebott.

30. B. spielt damit wohl nicht zuletzt auf die Entdeckungen an, die bei der Suche
nach dem unbeliebten Dominikanermönch (vgl. Einleitung, S. 26 f.) gemacht worden
waren. Zwar konnte man den Gesuchten nicht ausfindig machen, dafür hatte man
indes die Genugtuung, in den Mönchszellen »etliche Hürlein«, darunter verheiratete
Frauen, aufzustöbern (Acta fol. 4b/5a).

31. B. gebraucht den Titel »Magister« an verschiedenen Stellen seiner Schrift
gegen C. Treger in verächtlichem und zugleich spöttischem Ton. (Magistri nostri
bzw. Magistri nostri eximii u. ä., vgl. z. B. S. 58, Z. 7; S. 63, Z. 29 f.; S. 92, Z. 2—3;
S. 147, Z. 22—23 ; S. 160, Z. 19, 30 f. Es spricht sich darin die humanistische Verachtung
sowohl des Obskurantismus als auch der Unbildung und Anmaßung gewisser Kreise
des »gelehrten« Klerus aus. Bezeichnend hierfür die in den Dunkelmännerbriefen
mitgeteilte »tiefsinnige« Erörterung, ob jemand, der im Begriffe steht, Doktor der
Theologie zu werden, »magister nostrandus« oder aber »noster magistrandus« genannt
werden müsse. Dort heißt es dann auch in nicht weniger boshaftem Ton: »...doctores
in S. Theologia non dicuntur doctores, sed propter humilitatem et etiam sanctitatem
et propter differentiam nominantur seu appellantur magistri nostri, quia stant in fide in
loco Domini nostri Jesu Christi, qui est fons Vitae; sed Christus fuit nostrorum omnium
magister ergo ipsi appellantur magistri nostri, quia habent nos instruere in via veritatis
et deus est veritas, quapropter merito vocantur magistri nostri, quia omnes nos
scilicet Christiani, debemus et tenemur audire praedicationem eorum et nullus debet
dicere contra eos, ex quo sunt omnium nostrorum magistri« (Epistolae obscurorum
virorum, Leipzig, 1858, S. 2f.).

32. Lautnachahmende Wortbildung, die das Gurren der Tauben zur Vorlage hat
(vgl. Grimm, s. v.).

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