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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0147
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142

SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

Die kirch in Ruprechtsaw
ist besser dann die zu Rom

N 2 a

härauf folget und die schrifft drauß schleüsset. Darzu seind mancherley
gaben und aber ein geist, der alle ding würcket zu gemeynem nutz 287.
Darumb allweg in der christlichen gemeyn der schrifft so vil verstandts
ist, das sye selig mögen werden und ist darumb nit vonnöten, das ein
yeder christ alle ding verstande und alle ort der schrifft könne ußlegen 5
also auch nit alle gemeynden Christi.

In Ruprechtsawe 288, glaub ich, sey ein besser Gemeyn Christi dann
zu Rom. darumb verstot sye aber nit die schrifft an allen orten. Es ver-
stunde sye doch nit die kirch zu Jerusalem, da Jacobus, der bruder
des Herren, war und vil hoher Apostel, die grosse wunder und zeychen 10
thetten.

Darumb auff erden kein Gemeyn versamlet mag werden, das es drumb
vonnöten sey, das sye den rechten verstandt der schrifft ummentumb
treffe. Sunst wurden die heyligen Vätter Augustinus 289, Hieronymus nitt
also widerwertig ding geschriben haben und an vil orten ir eygen 15
meynung widerrüfft und retractiert. Hye zu lese, das droben 290 wi- | der
die Wunderreden von der xxv. an bitz auff die xxxii. geschriben ist, so
würstu wol künden verston, das die christlich Gemeyn, das ist die woren
Christen, auch wol mögen yrren in ußlegung der schrifft, aber doch nit
möge yrren in dem, das sye die Biblische schrifft hatte angenommen. 20
Gott hatt ein gewisse regel, die schrifft, wöllen haben, darumb hat sye
zuerst als der grundt des glaubens müssen von allen gläubigen unge-
zweifelt angenommen werden. Dahär sehen wir, das die gläubigen nye
wider solches geredt haben oder sich darin gezweyet. Aber in dem
verstandt und ußlegung derselbigen haben sich nit allein sondere heylig 25
leüt und doctores, sonder gantze gemeynen und Concilien gezweyet,
das kündtlich ist allen, so etwas gelesen haben. Aber versamle dein
Kirch, liß herfür alle deine Concilien und verstendige uns, was
Daniels und ettlicher andern Propheten meynung seyen, dieweil dein
Kirch so wol uns die artig meynung der schrifft und des geists kan 30
dargeben.

287. Vgl. I Cor 12,4.

288. Ein Dorf nördlich von Straßburg; heute ist es ein Vorort Straßburgs.
Zur Geschichte der evangelischen Kirche in Ruprechtsau vgl. Adam: Territorien,
S. 33ff.

289. Bekanntlich hat Augustin in seinen Retractationes (CSEL 36) gegen Ende
seines Lebens sein gesamtes Schrifttum »veluti censorio stylo« einer kritischen Muste-
rung unterzogen und jeweils vermerkt, wo er von seinem derzeitigen Standpunkt
aus seine früheren Erkenntnisse richtig stellen zu müssen glaubte. - Bei Hieronymus
mag man an den scharfen Bruch in seinem Verhältnis zu Origenes denken, von dem
er sich unter dem Einfluß des Epiphanius völlig lossagte und darüber mit seinen
Freunden in Streit geriet (vgl.: Grützmacher: Hieronymus, III, 1908, und A. v. Harnack
II, 1931, S. 500ff.).

290. Vgl. oben, S. 94-111.
 
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