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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
Und du solt sagen, es seye nichts im christlichen thun oder christenheit,
das uns nit durch die menschen geben sey? O der verzweifelten
lesterung.
Du weysst ye wol, so wir menschenleer und -satzung verwerffen, das
wir dann uß dem gebott Gottes thun, das wir das meynen, so uns die 5
menschen von yn selb fürgeben und in der schrifft nitt gegründet ist.
Wiltu dann nun die heylig schrifft, die uns die heyligen menschen Gottes
getriben von dem heyligen geist, fürgeben haben 351, dem, das uns
Bäpst und Concilia uß eygenem geist fürgeschüttet haben, wider das
gebott Gottes nachsetzen, wie dann deine red sich ansehen lasszt, so 10
bistu ye ein grosser lesterer des heyligen thewren worts Gottes.
In summa: So wir menschensatzung und -leer verwerffen, verwerffen
wir die, so die menschen on grundt der schrifft gesetzet und geleret
haben, als das man ettlich tag feyren, ettlich fasten, der ein Münch,
diße ein Nonn, der geweihet, dißer ein ley sein soll, und was dergleichen 15
mer ist. Do sey nun ein Theologus und beschirme solche menschenleere
und bewer, das wir sye unbillich abthuen und verdammen. Was wir
aber vom Mose, Propheten, Christo und Apostolen entpfangen haben,
das alt und neüwe Testament, die heylig schrifft, das wissen wir, das es
das ungezweifelt wort Gottes ist, also nennen wirs auch und gar nit 20
menschenleer, wiewol die menschen gewesen seind, durch die uns die
schrifft dargereycht ist. Dann sye nur als instrument des geists Gottes
in dem gewesen seind.
Das du aber, aber einmal sagst, aller gewalt zu örtern 352 und erkennen,
was göttlich oder menschlich recht seye, stee deiner Kirchen zu, das wir nun 25
so offt von dir gehört haben, ist nun me auch offt genug verantwort.
Die christlich Gemeyn, das ist die rechten Christen, erkennen ja durch
den geist Christi, was göttlich wort sey, was nitt, solle darumb die christ-
lich leer, menschlich geacht und geheyssen werden? Oder so wir
menschenleer verwerffen, soll drumb von uns verworffen sein, das 30
die christlich Gemeyn als das wort Gottes durch den geist Gottes
erkennt und annympt ?
Aber wo du hynauß wilt, zeygestu selb nur zu vil grob an, in dem,
das du sagst, die heyligen schrifft häben ir krafft von der Kirchen.
Damit du wilt zu verston geben, dieweil die Kirch menschen sein und 35
die schrifft alle krafft von der Kirchen habe, als du sagst, so sey auch
p 4 b alle krafft der | schrifft nur menschlich und seyen sye auch menschen-
lere zu nennen. Die schrifft seind das wort Gottes, das er selb bekennt,
die Kirch seind menschen und darzu seiner meynung nach böß und gut
durcheinander. Und du darffest sagen, das das ewig wort Gottes, 40
351. Vgl. 2 Petr 1,21.
352. Vgl. Anm. 156.
SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
Und du solt sagen, es seye nichts im christlichen thun oder christenheit,
das uns nit durch die menschen geben sey? O der verzweifelten
lesterung.
Du weysst ye wol, so wir menschenleer und -satzung verwerffen, das
wir dann uß dem gebott Gottes thun, das wir das meynen, so uns die 5
menschen von yn selb fürgeben und in der schrifft nitt gegründet ist.
Wiltu dann nun die heylig schrifft, die uns die heyligen menschen Gottes
getriben von dem heyligen geist, fürgeben haben 351, dem, das uns
Bäpst und Concilia uß eygenem geist fürgeschüttet haben, wider das
gebott Gottes nachsetzen, wie dann deine red sich ansehen lasszt, so 10
bistu ye ein grosser lesterer des heyligen thewren worts Gottes.
In summa: So wir menschensatzung und -leer verwerffen, verwerffen
wir die, so die menschen on grundt der schrifft gesetzet und geleret
haben, als das man ettlich tag feyren, ettlich fasten, der ein Münch,
diße ein Nonn, der geweihet, dißer ein ley sein soll, und was dergleichen 15
mer ist. Do sey nun ein Theologus und beschirme solche menschenleere
und bewer, das wir sye unbillich abthuen und verdammen. Was wir
aber vom Mose, Propheten, Christo und Apostolen entpfangen haben,
das alt und neüwe Testament, die heylig schrifft, das wissen wir, das es
das ungezweifelt wort Gottes ist, also nennen wirs auch und gar nit 20
menschenleer, wiewol die menschen gewesen seind, durch die uns die
schrifft dargereycht ist. Dann sye nur als instrument des geists Gottes
in dem gewesen seind.
Das du aber, aber einmal sagst, aller gewalt zu örtern 352 und erkennen,
was göttlich oder menschlich recht seye, stee deiner Kirchen zu, das wir nun 25
so offt von dir gehört haben, ist nun me auch offt genug verantwort.
Die christlich Gemeyn, das ist die rechten Christen, erkennen ja durch
den geist Christi, was göttlich wort sey, was nitt, solle darumb die christ-
lich leer, menschlich geacht und geheyssen werden? Oder so wir
menschenleer verwerffen, soll drumb von uns verworffen sein, das 30
die christlich Gemeyn als das wort Gottes durch den geist Gottes
erkennt und annympt ?
Aber wo du hynauß wilt, zeygestu selb nur zu vil grob an, in dem,
das du sagst, die heyligen schrifft häben ir krafft von der Kirchen.
Damit du wilt zu verston geben, dieweil die Kirch menschen sein und 35
die schrifft alle krafft von der Kirchen habe, als du sagst, so sey auch
p 4 b alle krafft der | schrifft nur menschlich und seyen sye auch menschen-
lere zu nennen. Die schrifft seind das wort Gottes, das er selb bekennt,
die Kirch seind menschen und darzu seiner meynung nach böß und gut
durcheinander. Und du darffest sagen, das das ewig wort Gottes, 40
351. Vgl. 2 Petr 1,21.
352. Vgl. Anm. 156.