414 ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT1528—1533
von Mainz und Ludwig von der Pfalz vorgelegt worden sind, wurde
wiederum ein »Rattschlag« der Straßburger Theologen verfaßt, der im
Konzept von Bucers Hand vorliegt und in dem die wesentlichen Fragen
dieses Vorschlages aus theologischer und kirchenpolitischer Sicht be-
handelt werden30.
In Schweinfurt war man übereingekommen, sich am 3 .Juni von neuem
zu treffen, und zwar in Nürnberg31, wo man dem Reichstag näher war,
der in Regensburg zur gleichen Zeit tagte32. Dadurch konnten die Kon-
takte mit dem Kaiserhof besser aufrecht erhalten werden33. Allerdings
hat dessen schleppende Arbeitsweise nicht nur den Beginn der Nürn-
berger Gespräche, sondern auch die weiteren Verhandlungen verzögert 34.
Es stellte sich aber im Laufe der Zeit heraus, daß man gezwungen war,
alle theologischen Fragen aus den Diskussionen auszuklammern und
sich auf einen vom Kaiser konzedierten politisch-militärischen Waffen-
stillstand bis zum Konzil oder zum nächsten Reichstag zu beschränken,
wofür die Protestanten sich bereit erklären mußten, zur Abwehr der
heranrückenden Türken beizutragen35. Hierbei handelte es sich um eine
politische Entscheidung, die von den Regierenden gefällt werden mußte.
Die letzten Streitfragen, zu denen die Theologen in Kursachsen und
Straßburg nochmals das Wort ergriffen, behandelten im Juni 1532 die
alten Probleme der exclusio futurorum und des Konzils. Darf man, so
hieß es, einen Frieden annehmen, der nur für eine begrenzte Zahl von
protestantischen Ständen gilt? Ist das nicht Eigennutz statt Nächsten-
liebe? Während Luther empfahl, den angebotenen Vertrag zu akzep-
tieren36, bestand Bucer darauf, nach Möglichkeit auch für zukünftige
Anhänger der reformatorischen Botschaft zu sorgen37.Durchgesetzt hat
sich Kursachsen, nicht Straßburg38. Am längsten hat Philipp von Hessen
30. Vgl.unten das 3.Gutachten.
31. Vgl. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund, S. 209.
32. Vgl. Müller, S. 189ff.
33. Dies entsprach einem Begehren des Kaiserhofes (ebd. S. 206, Anm. 108), der von
Anfang an gewünscht hatte, daß die Ausgleichsverhandlungen in Nürnberg durch-
geführt werden sollten (vgl. Karls Instruktion für Albrecht und Ludwig vom 7. Fe-
bruar 1532, die gedruckt wurde bei F.B.von Bucholtz: Geschichte der Regierung
Ferdinand des Ersten, Bd.9, Wien 1838, S.28-31). Während der päpstliche Legat
Lorenzo Campeggio gegen das Gespräch in Schweinfurt protestiert hatte, hat er das
Nürnberger angesichts der Türkengefahr nolens volens hingenommen (vgl. Müller,
S. 191-193 und 198). Campeggios Auseinandersetzung mit der Instruktion des Kaisers
für Albrecht und Ludwig wurde gedruckt in: NB I, 2.EB, S. 514-520.
34. Vgl. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund, S. 234ff.
35. Vgl.Pol.Cor.II, S. 161 ff. und NB I, 2.EB, S.400 und öfter.
36. Vgl. WA Br 6,325-329 und 332.
37. Siehe unten das 4.Gutachten.
38. Die Stände, für die der Nürnberger Anstand gilt, werden namentlich genannt
(Pol. Cor. II, S. 168).
von Mainz und Ludwig von der Pfalz vorgelegt worden sind, wurde
wiederum ein »Rattschlag« der Straßburger Theologen verfaßt, der im
Konzept von Bucers Hand vorliegt und in dem die wesentlichen Fragen
dieses Vorschlages aus theologischer und kirchenpolitischer Sicht be-
handelt werden30.
In Schweinfurt war man übereingekommen, sich am 3 .Juni von neuem
zu treffen, und zwar in Nürnberg31, wo man dem Reichstag näher war,
der in Regensburg zur gleichen Zeit tagte32. Dadurch konnten die Kon-
takte mit dem Kaiserhof besser aufrecht erhalten werden33. Allerdings
hat dessen schleppende Arbeitsweise nicht nur den Beginn der Nürn-
berger Gespräche, sondern auch die weiteren Verhandlungen verzögert 34.
Es stellte sich aber im Laufe der Zeit heraus, daß man gezwungen war,
alle theologischen Fragen aus den Diskussionen auszuklammern und
sich auf einen vom Kaiser konzedierten politisch-militärischen Waffen-
stillstand bis zum Konzil oder zum nächsten Reichstag zu beschränken,
wofür die Protestanten sich bereit erklären mußten, zur Abwehr der
heranrückenden Türken beizutragen35. Hierbei handelte es sich um eine
politische Entscheidung, die von den Regierenden gefällt werden mußte.
Die letzten Streitfragen, zu denen die Theologen in Kursachsen und
Straßburg nochmals das Wort ergriffen, behandelten im Juni 1532 die
alten Probleme der exclusio futurorum und des Konzils. Darf man, so
hieß es, einen Frieden annehmen, der nur für eine begrenzte Zahl von
protestantischen Ständen gilt? Ist das nicht Eigennutz statt Nächsten-
liebe? Während Luther empfahl, den angebotenen Vertrag zu akzep-
tieren36, bestand Bucer darauf, nach Möglichkeit auch für zukünftige
Anhänger der reformatorischen Botschaft zu sorgen37.Durchgesetzt hat
sich Kursachsen, nicht Straßburg38. Am längsten hat Philipp von Hessen
30. Vgl.unten das 3.Gutachten.
31. Vgl. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund, S. 209.
32. Vgl. Müller, S. 189ff.
33. Dies entsprach einem Begehren des Kaiserhofes (ebd. S. 206, Anm. 108), der von
Anfang an gewünscht hatte, daß die Ausgleichsverhandlungen in Nürnberg durch-
geführt werden sollten (vgl. Karls Instruktion für Albrecht und Ludwig vom 7. Fe-
bruar 1532, die gedruckt wurde bei F.B.von Bucholtz: Geschichte der Regierung
Ferdinand des Ersten, Bd.9, Wien 1838, S.28-31). Während der päpstliche Legat
Lorenzo Campeggio gegen das Gespräch in Schweinfurt protestiert hatte, hat er das
Nürnberger angesichts der Türkengefahr nolens volens hingenommen (vgl. Müller,
S. 191-193 und 198). Campeggios Auseinandersetzung mit der Instruktion des Kaisers
für Albrecht und Ludwig wurde gedruckt in: NB I, 2.EB, S. 514-520.
34. Vgl. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund, S. 234ff.
35. Vgl.Pol.Cor.II, S. 161 ff. und NB I, 2.EB, S.400 und öfter.
36. Vgl. WA Br 6,325-329 und 332.
37. Siehe unten das 4.Gutachten.
38. Die Stände, für die der Nürnberger Anstand gilt, werden namentlich genannt
(Pol. Cor. II, S. 168).