HANDLUNG GEGEN HOFFMAN 67
den. Aber on die sünd ist er uns aller dingen gleich worden und hat unsere natur
an sich genommen87.
So redet auch der Apostel zun Philipp [2, 5 ff.] von Christo, unserem Herren,
nach menschlicher natur, wie dann die schrifft allweg redet, wann sie von er-
5 höhung und niderung Christi redet. Nun in solicher menschlicher natur hat der
Herr ja götliche forme und gestalt mit den gewaltigen wunderzeichen, der kreff-
tigen lere und un-|D 3 a | sträfflichem, gantz heyligem leben bewysen, aber doch
ist dem allen nit gedacht, ein raub zuthun göttlicher eren, wie Adam, das er wolte
Gott gleich sein, sonder hat sich zu neüt gemacht88, allweg bekennet, das der
10 vatter meer sye89, sich gleich erzeyget anderen menschen, denen er auch gleich geberdet
hat, und ist also gehorsam worden biß in todt, und todt des creützes [Phil 2,7f.], allweg
nit seine, sonder des vatters eer und willen gesuchet.
Man neme aber die gleicheyt wie man wölle, so ist doch den menschen gleich
sein, wie das ewig wort durch annemung menschlicher natur worden ist, dem
15 nimmermer zuwider, das diß ewig wort Gottes wares fleysch, das ist mensch
worden, und also in im selb ewig bleibend, ware menschliche natur angenommen
hat. Und wie hette ja der ewig sun Gottes anders warlich in gleicheyt der menschen
kommen mögen und werden wie ein ander mensch, dann durch annemung
menschlicher natur? Dann sunst dise gleycheyt nur ein lerer schein und unbesten-
20 digs fürnemen gewesen were. Welches von Gott, der die warheit selb ist, auch sat
und warhafft in allen dingen handlet, nur zu gedencken ein höchster grüwel90
were.
Also schreibet der heylig Joannes anfangs seiner Epist.: Das da ware von anfang,
das wir gehöret, das wir mit unseren augen gesehen, das wir beschawet und unsere hend
25 betastet haben, von dem wort des lebens. Und das leben ist erschinnen und wir haben gesehen
und zeügen und verkünden euch das ewig leben, welches war bey dem vatter und ist uns
erschinnen [I Jo 1,1-3].
Dise zeugnüß bringet der Hoffman mit solichem trutz herfür, als ob sie nur gantz
und gar seinen irthum bestetigte, und ist doch kaum eine, die den selbigen gewal-
3o tiger darnider stosse. Dann, ist Christus der Herr, das ewig wort und leben, das
von anfang ware, und bey dem vatter ware91, so ist je da ware und unwandelbare
gotheyt; haben dann die Apostolen von solichem wort des lebens ge | D 3 b | höret,
gesehen, beschawet und mit henden betastet, so ist da auch ware, rechte, sichtbare
und greiffliche menscheyt unser art und natur keyn schein oder hymlisch bild eins
35 menschens, und so die selbige in Christo der gottheyt in einer person vereyniget
ist, würdt sie ja vom ewigen Wort angenommen sein und also in unserem Herren
Christo die gottheyt leiblich wonen. Coloss.ii[9].
Gleicher massen haltet es sich auch mit dem spruch Johannis, den er im vierden
seiner Epistel hat. An dem erkennen wir den geyst Gottes. Ein jeder geyst, der bekennet,
87. Vgl. Hebr4,15.
88. Erniedrigt.
89. Vgl. Jo 14,28.
90. Greuel.
91. Vgl. Jo 1,1-4.
den. Aber on die sünd ist er uns aller dingen gleich worden und hat unsere natur
an sich genommen87.
So redet auch der Apostel zun Philipp [2, 5 ff.] von Christo, unserem Herren,
nach menschlicher natur, wie dann die schrifft allweg redet, wann sie von er-
5 höhung und niderung Christi redet. Nun in solicher menschlicher natur hat der
Herr ja götliche forme und gestalt mit den gewaltigen wunderzeichen, der kreff-
tigen lere und un-|D 3 a | sträfflichem, gantz heyligem leben bewysen, aber doch
ist dem allen nit gedacht, ein raub zuthun göttlicher eren, wie Adam, das er wolte
Gott gleich sein, sonder hat sich zu neüt gemacht88, allweg bekennet, das der
10 vatter meer sye89, sich gleich erzeyget anderen menschen, denen er auch gleich geberdet
hat, und ist also gehorsam worden biß in todt, und todt des creützes [Phil 2,7f.], allweg
nit seine, sonder des vatters eer und willen gesuchet.
Man neme aber die gleicheyt wie man wölle, so ist doch den menschen gleich
sein, wie das ewig wort durch annemung menschlicher natur worden ist, dem
15 nimmermer zuwider, das diß ewig wort Gottes wares fleysch, das ist mensch
worden, und also in im selb ewig bleibend, ware menschliche natur angenommen
hat. Und wie hette ja der ewig sun Gottes anders warlich in gleicheyt der menschen
kommen mögen und werden wie ein ander mensch, dann durch annemung
menschlicher natur? Dann sunst dise gleycheyt nur ein lerer schein und unbesten-
20 digs fürnemen gewesen were. Welches von Gott, der die warheit selb ist, auch sat
und warhafft in allen dingen handlet, nur zu gedencken ein höchster grüwel90
were.
Also schreibet der heylig Joannes anfangs seiner Epist.: Das da ware von anfang,
das wir gehöret, das wir mit unseren augen gesehen, das wir beschawet und unsere hend
25 betastet haben, von dem wort des lebens. Und das leben ist erschinnen und wir haben gesehen
und zeügen und verkünden euch das ewig leben, welches war bey dem vatter und ist uns
erschinnen [I Jo 1,1-3].
Dise zeugnüß bringet der Hoffman mit solichem trutz herfür, als ob sie nur gantz
und gar seinen irthum bestetigte, und ist doch kaum eine, die den selbigen gewal-
3o tiger darnider stosse. Dann, ist Christus der Herr, das ewig wort und leben, das
von anfang ware, und bey dem vatter ware91, so ist je da ware und unwandelbare
gotheyt; haben dann die Apostolen von solichem wort des lebens ge | D 3 b | höret,
gesehen, beschawet und mit henden betastet, so ist da auch ware, rechte, sichtbare
und greiffliche menscheyt unser art und natur keyn schein oder hymlisch bild eins
35 menschens, und so die selbige in Christo der gottheyt in einer person vereyniget
ist, würdt sie ja vom ewigen Wort angenommen sein und also in unserem Herren
Christo die gottheyt leiblich wonen. Coloss.ii[9].
Gleicher massen haltet es sich auch mit dem spruch Johannis, den er im vierden
seiner Epistel hat. An dem erkennen wir den geyst Gottes. Ein jeder geyst, der bekennet,
87. Vgl. Hebr4,15.
88. Erniedrigt.
89. Vgl. Jo 14,28.
90. Greuel.
91. Vgl. Jo 1,1-4.