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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0191
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BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT

187

Welchen wöllen mir folgen? Welcher weißt baß, wer zum hymelreich gehöre, wes
heyland der Herr sein wölle, dan der Herr selb?
Secht aber, der Herr hat an disem noch nit genüg, das er sagte: Lassen die
kindlin zu mir kommen, sonder thut hinzu: und werend inen nit, so fil ist im an
5 der sach gelegen, so fil will auch fürwar unserem glauben hieran gelegen sein. Der
Herr ist ja, der, was in Adam gestorben, widerbringt, und das allein auß seinem
selbthun, darffe dazu unser vernunfft, verstandt oder redens gar nicht. Solte man
in nit erkennen als ein heyland der unsprechenden kindlin, was grewlichen ab-
bruch were das seiner eeren, seiner liebe gegen uns, seines wercks, darumb er am
10 kreütz gestorben? Wolan, so losset uns unserem einigen haupt und meyster ge-
horchen, der doch so außtrucklich sagt: Losset die kindlin mir kommen und weren
ynen nit!
Was folget nun? Denn das hymelreich ist solicher. Das ist die ursach, die er gibt
seines zorns wider seine jünger, das er wolte, das man im die kindlin zubrechte
15 und inen nit werete. Ja, do sicht man auch, was hierin den Herren beweget habe.
Er ware komen, suchen und sälig zu machen, das verloren360 und verdorben ware,
auch by den kindern: Ist nun diß die ursach, das man die Kindlin solle lossen zum
Herren kommen, das das hymelreich solcher ist, wer kan dann zweyfflen, der Herr
habe inen hiemit sein reich, gemeinschafft seiner kirchen und die einleybung in
20 sich zugesprochen? Hie sehen nur zu alle die, die kinder von der kirchen abzu-
halten und sy so gering zu schetzen geneyget sind, was sy handlen! Warlich, der
Herr würt so vil meer uber sy zürnen, so fil sie seines willes auß disen seinen
wor|n3a|ten und exempel nun meer geleeret sind, dann die jünger dißmals
waren, auch so fil sy weniger sich lossen abweysen. Die junger des Herren wychen
25 alsbald von irer meynung ab, bekanten, das sy ein unbillichen eyfer gehebt hatten
und das die kinder zum hymelreich und dem Herren Christum angehörten.
361Die in die anfechtung kommen wider den Kindertauff haben fil gestritten ob
dem wörtlin »Solicher«, es stande nit »diser«, sonder »solicher«. Und ist doch so
offenbar, das der Herr hie redet von den zubrachten kindlinen, welche die junger
30 wolten abgeweysen haben. Dann was ursach were es sunst gewesen auff des
Herren rede. Lassen die kindlin zu mir kommen und weren inen nit? Aber, wie der zanck
all weg wort findet, sagen sy: Auch dise wort des Herren: Lassen die kindlin zu mir kom-
men, seyen uff die gaistlichen kinder geredt und die leiplichen, so im des orts zu-
bracht sind, habe er nur zu einem sichparen exempel der unschuld zugegen halten
35 wöllen. Es richten aber hie alle gotsforchtigen unangefochtenen, ob diß nitt ein
frevel gedicht wider unsern Jesum Christum seye! Es ware doch allhie eynmal
umb die kindlin zu thun, die dem Herren waren zutragen, diesen wolten die
junger weren, die wolte der herr zu im gelossen und inen nit geweret haben, und
das die jünger disen kindlin geweret hatten, zürnet er uber sy und gibt des ursach,
40 das hymelreich sey solicher. Wie kan doch nun dise red von anderen dann eben
von denen kindlinen geredt sein, derenhalb der streyt ware, derenhalb der Herr
unwürsch ware uber seine jünger, das sy inen gewert hatten?

360. Lk19,10.

361. Vom wortt Solicher. [Marg.].
 
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