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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0350
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346 IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
Got sollen wir ob allem und von gantzem hertzen lieben, nichs, dann das im ge-
fallet, thun, daran feletes uns aber on underloß, darumb müssen wir immer bitten:
»Herr, vergib uns unsere schulde« [Mt 6,12], da ist nun unser trost, das wir bey dem
vatter haben den Patron und vertädinger, unseren Herren Jesum Christum, den gerechten,
der ist die versönung für unsere sünd, 1. Johan. 2 [1 f.]. Also bleyben wir nit allein un-
nütze knecht, sonder auch schuldner alle stund und augenblick, was konden wir
dann, uber das wir schuldig seind, thun, dadurch wir wider abzaleten und ver-
gleichten, das zuvor versaumet und verschuldet ist? 693aDie alten haben »satis-
factionem»v das genugthun geheissen694, die uffgelegte bus, dadurch man vor der
kirchen hatt genug thon, und das gar nicht der meynung, das man damit möchte
widerbringen und des Got vernügen695, das wir zuvor durch die sünd guts ver-
lasset und arges gethon haben, sonder hat damit die leut wider die künfftigen
sünden bewaren wöllen. 696Derhalb haben sie die genugthuung auch also be-
schriben, das sie seye, die ursachen der sünden außhawen und den anreitzungen
den ingang nit vergunnen. Ist genommen ex libro de Ecclesiasticis dogmatibusw697,
das man under die bücher Augustini gezelt hat698. Solichs hat dann auch |N2a|
zu besserung der kirchen gedienet, das die, so gesündiget, ire ware rew uber ire
sünd also bewysen haben. Sunst699 die sünd verzeyhen und verdienete straffen
nachlassen, bekennet jederman ein werck sein der genaden Gottes und des ver-
diensts unsers Herren Jesu Christi.
Gotp.: Ey, da der Achab sich demutiget und bus thäte, liesse Got seinen zorn
gegen im ab700, hat nun Got an sollicher demütigung ein genügen gehebt, so hat
der Achab auch dennoch etlichermassen für seine sünden genug gethon.
Goth.: Dawider seind wir nicht, das Got dem menschen gebe, seine sünd also
zu büssen, das er im söliche bus lasse genug sein. Diß geschicht aber nit dadurch,
das der mensch immer mehr etwas guts thun könde, das er nit zuvor schuldig seye,
das ein ubrigs were. Man leret uns auch, wann einer gesündiget hat, das er mit
höchstem ernst dem gebet oblige umb verzeyhung und hülff, die sünd nimme701
v) satisfactionen. - w) dogmatis.
693 a. Gnugthun der alten. [Marg.].
694. So zuerst bei Tertullian: (vgl. zum Beispiel) Liber de paenitentia 9,2; CSEL 76, S. 162-163.
Der Begriff begegnet schon vorher im weltlich-juridischen Bereich und wird in seiner christlichen
Umprägung bei Tertullian, Cyprian, Novatian und anderen angewandt »von Menschen, die für
ihre Sünden Busse thun, resp. Kirchenstrafen auf sich nehmen«; (G. Koffmane: Geschichte des
Kirchenlateins I. 1879. S. 57).
695. Entschädigen.
696. [Lib.] iii.Sen[tentiarum]. Dist.xvi.[Marg.]. - MSL 192, Sp. 877-879. Die drei Teile der
Buße bei Petrus Lombardus sind contritio cordis, confessio oris und satisfactio operis.
697. De ecclesiasticis dogmatibus 24: Satisfactio poenitentiae est causas peccatorum excidere,
nec earum suggestionibus aditum indulgere. MSL 42,1218.
698. So zum Beispiel bei Petrus Lombardus: Sententiarum libri quatuor 2, dist. 33,2; 3, dist. I,2;
4, dist. 12,8; MSL 192, Sp.735.758.867. Der wirkliche Verfasser ist wahrscheinlich Gemadius
Massiliensis; vgl. MSL 42, Sp. 1211-1214.
699. Umsonst, aber.
700. 1 Kö 21,29. 701. Nicht mehr.

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