Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0351
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
FURBEREYTUNG ZUM CONCILIO

347

zu thun, das man auch dazu faste und das mutwillig fleisch demütige und alles das
thu, das warer rew zustaht. Aber doby leret man auch, sich in dem allen allein uff
die genad Gottes und den verdienst unsers Herren Jesu Christi vertrösten. Also
findet mans nit allein in göttlicher schrifft, sonder auch by den vätteren702.
Gotp.: Nun, wann ir bey den vätteren noch wolt bleiben, were villeicht der
sachen raht zu finden. Die Schullerer vermeinen, sie bleiben auch bey den vät-
teren703. Nun vom beichten.
703aWarumb habt ir die beicht abthon?
Goth.: Vor hab ich gesagt, ware beicht, so auß warer rewe der sünden entstaht,
in deren man trost und raht auß dem Heyligen Evangeli suchet, haben wir nit
abthon.
Gotp.: Lieber, wer beichtet dann bey euch? An etlichen orten kommen sie,
wann sie zum tisch des Herren gohn wöllen, und zeygen sich an, begeren ein ab-
solution, sie seyen arme sünder. An etlichen orten bey ewerem | N 2 b | theyl thut
man diß auch nit, ist das so fein gebeichtet?
Goth.: Die alten, lieben, Heyligen Vätter, die der kirchen Christi recht und
besserlich704vorgewesen seind, haben von niemand beicht und der sünden be-
kantnus, die er dem priester thun solle, weiter geforderet, dann so man offentlich
gesündet hat und büssen solte705. Selb willig706haben darnach die leut etwan707 ire
sünd den priesteren heymlicher beicht geklaget und bus drüber genommen. Erst
Bapst Innocentius hat solliche heymliche beicht gebotten708, welichs bot709 man
darnach also gespannen710hat, das man alle sünd mit allen iren umbstenden er-
zelen müsse.
Gotp.: Wolan, noch711ist da der kirchen gebot und gute gewonheyt, die nit
weniger ist dann das gebot.
Goth.: Hastu aber do nit vor bewilliget712, das die allein kirchenordnungen
sein könden, die auß dem glauben und liebe fliessen und zu fürderung glaubens
und liebe dienen? Dermassen müssen auch die guten gewonheyten sein. Dozu
seyen die ordnungen und gewonheyten wie gut sie wöllen, mögen sie doch nit
nutzen, man gelebe713 inen dann mit lustigem hertzen. Diß ist aber gar nit in dem
702. Zum Beispiel Augustin: De civitate Dei 10,22; CChr ser.lat.47, S. 296.
703. Vgl. Thomas v. Aquin: S.th. 1,2,q 109, a6, Resp. ad I.
703 a. Von der Beicht. [Marg.].
704. Zur Besserung nützlich.
705. Öffentliche Beichte für öffentlich bekannte Verfehlungen findet sich zum Beispiel bei
Irenäus: Adversus haereses I,13; MSG 7,1, Sp. 588; Tertullian: Liber de pudicitia 13; CChr ser.lat. 2,
S.1303-1306; Hieronymus: Epist.77,4; CSEL 55, S.40-42.
706. Freiwillig.
707. Bisweilen.
708. Gemeint ist Innozenz III. (1198-1216). Im Kapitel 21 des vierten Laterankonzils(1215)
wird die Beichte wenigstens einmal im Jahr zur Pflicht gemacht; vgl. Denzinger, Nr. 812, S.264.
709. Gebot.
710. Erweitert.
711. Dennoch.
712. Eingewilligt, eingeräumt.
713. Lebe nach, folge.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften