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EINLEITUNG
Am 12. September versicherte der Landgraf Melanchthon seiner Zustimmung zu
dessen Vermittlungsbemühungen 32 . Darauf traf Melanchthon am 16. September mit
Luther zusammen 33 und berichtete am selben Tag sowohl dem Landgrafen 34 als auch
Bucer 35 davon. Ersteren wies er auf die Notwendigkeit hin, die Konkordienfrage so
bald wie möglich zu lösen. Er hoffe, Gott werde »ein gnädig Stund kommen« lassen,
den Zwiespalt aufzuheben. Bucer gab er die Versicherung, daß ihn niemand veranlas-
sen werde, gegen die Straßburger aufzutreten (»ne nemo perpellet unquam
upiv«). Auch er ist jetzt vom Eifer für die Konkordie ergriffen. Zwischen Bucer und
ihm bestehe schon eine »pia et solida concordia« 36 . Der Landgraf folgte dem Anstoß
und appellierte um den 2 5. September an Luther, er möge die Sache »in christlich und
treues Bedenken nehmen, und doran sein, daß ein beständige Vereinigung und Ver-
gleichung furgenommen und einträchtiglich bewilliget werden moge« 37 . Am 17. Ok-
tober 1534 erhielt Philipp von Luther die Zusage, daß dieser ebenfalls an der Beseiti-
gung der Entzweiung aufs höchste interessiert sei 38 . Darauf traf der Landgraf Vorkeh-
rungen zu Verhandlungen. Er lud Melanchthon und Bucer zum 27. Dezember nach
Kassel ein 39 , wohin jener am 17. Dezember in Begleitung von Chelius, der später mit
Bucer nach Straßburg weiterreiste, von Wittenberg aufbrach, während Bucer von
Konstanz über Tübingen nach Kassel reiste, wo er am 27. Dezember eintraf.
Zuvor wandte Bucer große Mühe daran, sich mit den Schweizern und Oberdeut-
schen über die Grundlagen der Konkordie abzustimmen 40 . Es gelang ihm jedoch nur,
Vertreter der oberdeutschen Städte am 15. Dezember 1534 in Konstanz zu versam-
meln. Die eingeladenen Schweizer waren nicht erschienen. Sie hatten aber mit der
»Confessio Ministrorum Verbi apud Tigurum super Eucharistia sancta ad M. Buce-
rum« 41 ein Bekenntnis überreicht, dessen Verwendung für die Konkordienbemühun-
gen sie Bucer anheimstellten, sofern er dessen Wortlaut nicht ändere 42 . Wie in Kon-
stanz dann verfahren wurde, läßt Bucers Bericht selbst offen 43 .
Während der zwei Tage (16. und 17. Dezember 15 34), an denen Bucer den Konstan-
zer Verhandlungen beiwohnen konnte, bevor er am 18. Dezember nach Kassel los-
ritt 44 , konnten zwar nicht alle Seiten des Sakramentsverständnisses ausführlich erör-
32. MBW 2, Nr. 1490. S. 154h
33. Vgl. Köhler 2, S. 354.
34. MBW 2, Nr. 1490.
35. Bindseil, Nr. 121, S. 91h
36. Bindseil, Nr. 121, S. 92.
37. WA Br 7, Nr. 2138, S. 103.
38. WA Br 7, Nr. 2142, S. 110.
39. Pol. Cor. 2, Nr. 255, S. 234; Köhler 2, S. 372h
40. Vgl. Köhler 2, S. 363 — 366; vgl. unten S. 68., Z. 5 ff.
41. E. Bi^er: Martin Butzer und der Abendmahlsstreit. In: ARG 35. 1938. S. 230—237; in
deutscher Paraphrase bei M. Kirchhofer: Oswald Myconius. Antistes der Baslerischen Kirche.
Zürich 1813. S. 222 — 224; vgl. dazu auch unten, S. 50, Z. 11 ff.
42. E. Bi^er, a.a.O., S. 237. Die Artikel behaupten die wahre Gegenwart des wahren Lei-
bes/Blutes Christi, binden diese aber ausdrücklich an das inwendige Wirken des hl. Geistes im
Glauben.
43. Vgl. dazu unten S. 69, Z. 11 f.
44. Vgl. unten S. 69, Z. 13-15.
EINLEITUNG
Am 12. September versicherte der Landgraf Melanchthon seiner Zustimmung zu
dessen Vermittlungsbemühungen 32 . Darauf traf Melanchthon am 16. September mit
Luther zusammen 33 und berichtete am selben Tag sowohl dem Landgrafen 34 als auch
Bucer 35 davon. Ersteren wies er auf die Notwendigkeit hin, die Konkordienfrage so
bald wie möglich zu lösen. Er hoffe, Gott werde »ein gnädig Stund kommen« lassen,
den Zwiespalt aufzuheben. Bucer gab er die Versicherung, daß ihn niemand veranlas-
sen werde, gegen die Straßburger aufzutreten (»ne nemo perpellet unquam
upiv«). Auch er ist jetzt vom Eifer für die Konkordie ergriffen. Zwischen Bucer und
ihm bestehe schon eine »pia et solida concordia« 36 . Der Landgraf folgte dem Anstoß
und appellierte um den 2 5. September an Luther, er möge die Sache »in christlich und
treues Bedenken nehmen, und doran sein, daß ein beständige Vereinigung und Ver-
gleichung furgenommen und einträchtiglich bewilliget werden moge« 37 . Am 17. Ok-
tober 1534 erhielt Philipp von Luther die Zusage, daß dieser ebenfalls an der Beseiti-
gung der Entzweiung aufs höchste interessiert sei 38 . Darauf traf der Landgraf Vorkeh-
rungen zu Verhandlungen. Er lud Melanchthon und Bucer zum 27. Dezember nach
Kassel ein 39 , wohin jener am 17. Dezember in Begleitung von Chelius, der später mit
Bucer nach Straßburg weiterreiste, von Wittenberg aufbrach, während Bucer von
Konstanz über Tübingen nach Kassel reiste, wo er am 27. Dezember eintraf.
Zuvor wandte Bucer große Mühe daran, sich mit den Schweizern und Oberdeut-
schen über die Grundlagen der Konkordie abzustimmen 40 . Es gelang ihm jedoch nur,
Vertreter der oberdeutschen Städte am 15. Dezember 1534 in Konstanz zu versam-
meln. Die eingeladenen Schweizer waren nicht erschienen. Sie hatten aber mit der
»Confessio Ministrorum Verbi apud Tigurum super Eucharistia sancta ad M. Buce-
rum« 41 ein Bekenntnis überreicht, dessen Verwendung für die Konkordienbemühun-
gen sie Bucer anheimstellten, sofern er dessen Wortlaut nicht ändere 42 . Wie in Kon-
stanz dann verfahren wurde, läßt Bucers Bericht selbst offen 43 .
Während der zwei Tage (16. und 17. Dezember 15 34), an denen Bucer den Konstan-
zer Verhandlungen beiwohnen konnte, bevor er am 18. Dezember nach Kassel los-
ritt 44 , konnten zwar nicht alle Seiten des Sakramentsverständnisses ausführlich erör-
32. MBW 2, Nr. 1490. S. 154h
33. Vgl. Köhler 2, S. 354.
34. MBW 2, Nr. 1490.
35. Bindseil, Nr. 121, S. 91h
36. Bindseil, Nr. 121, S. 92.
37. WA Br 7, Nr. 2138, S. 103.
38. WA Br 7, Nr. 2142, S. 110.
39. Pol. Cor. 2, Nr. 255, S. 234; Köhler 2, S. 372h
40. Vgl. Köhler 2, S. 363 — 366; vgl. unten S. 68., Z. 5 ff.
41. E. Bi^er: Martin Butzer und der Abendmahlsstreit. In: ARG 35. 1938. S. 230—237; in
deutscher Paraphrase bei M. Kirchhofer: Oswald Myconius. Antistes der Baslerischen Kirche.
Zürich 1813. S. 222 — 224; vgl. dazu auch unten, S. 50, Z. 11 ff.
42. E. Bi^er, a.a.O., S. 237. Die Artikel behaupten die wahre Gegenwart des wahren Lei-
bes/Blutes Christi, binden diese aber ausdrücklich an das inwendige Wirken des hl. Geistes im
Glauben.
43. Vgl. dazu unten S. 69, Z. 11 f.
44. Vgl. unten S. 69, Z. 13-15.