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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Stupperich, Robert [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]; Rudolph, Hartmut [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,1): Wittenberger Konkordie (1536) — Gütersloh, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.29831#0304
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23. Bucers Ubersetzung seiner Retractationes
(20. Oktober 1537)

1. Von den eidgenössischen Städten bereitete die Stadt Bern dem Straßburger Refor-
mator bei seinen Konkordienbestrebungen am meisten Schwierigkeiten1. Die Retrak-
tationen, die Luther bei den Abendmahlsverhandlungen in Wittenberg unbedingt von
ihm verlangt und die dieser in die 3. Aufl. des Evangelienkommentars auch tatsächlich
eingefügt hatte, wurden besonders in Bern schlecht aufgenommen. Nach Auffassung
der Berner standen sie in klarem Widerspruch zum Ergebnis der Berner Disputation
von 1528, namentlich zur Schlußrede IV2. Bucers Brief an Luther vom 19. Januar 1537
so wie auch das bevormundende Auftreten des Straßburgers konnten den Unmut
unter den Eidgenossen nur noch vergrößern3.
Glücklicherweise wurde auf der Berner Synode im September 1537 den Straßbur-
gern die Möglichkeit eingeräumt, sich ihrer Haltung wegen zu rechtfertigen. Bucer
wußte diese Gelegenheit glänzend wahrzunehmen4.
2. Hierbei steilte er den Bernern eine Übersetzung seiner Retraktationen in Aus-
sicht5. Am 20. Oktober 1537 konnte er eine solche der wichtigen Retraktation zur
Abendmahlsfrage (zur Auslegung von Mt 26,26; im Ev.-Kommentar 1536,
S. 483—493) vorlegen.
Die »große« Retraktation zu Mt 26 hat Bucer selbst ins Deutsche übersetzt: »dise
meine nachgonde verdeudschete Retraktation«, und im Vorwort gibt er die Gründe
an, die ihn dazu veranlaßt haben. Er datiert seine Übersetzung auf den 20. Oktober
1. Vgl. M. Kirchhofer: Oswald Myconius, Antistes der Baslerischen Kirche. Zürich 1813.
S. 226 ff. C. B. Hundeshagen: Die Conflickte des Zwinglianismus, Luthertums und Calvinismus
in der Bernischen Landeskirche von 1532—1558. Bern 1842. S. 64 ff. Pollet 2, S. 416 —420.
0. E. Strasser, Capitos Beziehungen zu Bern, S. 133—147. Vgl. oben S. 294.
2. BDS 4, S. 35. 131-138 und M. Kirchbofer, a.a.O., S. 285. B. hatte 1528 den Bernern seinen
Kommentar zum Johannesevangelium gewidmet. Die 3. Aufl. des Evangelienkommentars
enthält diese Widmung (S. 561—566), aber auch eine Retractatio zur Abendmahlslehre. Vgl.
Evangelienkommentar 1536, S. 566 (Necui offendiculo sit haec mea praefatio ...). Außerdem
bringt die Ausgabe von 1536 eine Retractatio zu Jo 6;’ebd., S. 685, Z. 21 v. u.; S. 686, Z. 15 v. u.
Vgl. Lang, S. 270, Anm. 2.
3. WABr 8, Nr. 3128, S. 12 — 18. B. kann in diesem Brief seinen Unmut über das Verhalten der
Eidgenossen kaum unterdrücken (Nos autem debitores etiam insipientium sumus; S. 16, Z. 140).
4. M. Kirchhofer, a.a.O., S. 304; Pollet 2, S. 409 (l’habilite consommee de Bucer et le credit
quasi inepuisable). Das Aargauer Staatsarchiv (Aarau) Nr. 2233: Reform. Akten 1536 — 46,
Bl. 2—13, enthält ein ausführliches Protokoll der Berner Herbstsynode von 1537. Vgl. auch B.s
eigene Berichterstattung in dem Brief an Thomas Gaßner (nach dem 23. September 1537);
Lindauer Stadtarchiv, Reichsstädtische Akten 63.8, Nr. 14. Vgl. auch Staatsarchiv Bern, Raths-
Manual der Stadt Bern, Nr. 260.
5. Vgl. C. B. Hundeshagen, a.a.O., S. 91. Während der bewegten Auseinandersetzung vom
Mittwoch, dem 19. September, erklärte B.: »er laß die retractation zetusch [ausgehen], setzt es
den leseren heym«; a.a.O., Bl. 11b. B. übersetzte seine Retraktationen, um dem Wunsch des
Berner Ratsherren Lienhart Tremp entgegenzukommen. Vgl. den Brief von Megander u. a. an
die Zürcher Professoren und Prediger vom 28. November 1537; Züricher Staatsarchiv E II, 337,
251 f. (in Trempii gratiam). Für diesen Hinweis haben wir Pfarrer Hans Rudolf Lavater (Bern)
herzlich zu danken.
 
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