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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0056
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

den newirrigen, deren ich yetz gedacht, welche vil guthertziger damit verwirren, als
vermoge das Ampt der Oberkait am reych Christi nichts zu dienen und seye also ain
ungläubiger frävel, wa die, so das schwert tragen, inen anmassen, falsche leer und
verkereten Gottesdienst abzustellen und gesunde leer und rechte Kirchenubungen
anzurichten. Dann was der alte feynd hiemit im sinn hatt, ist auß der erfarnuß der alten 5
und yetzigen wol abzunemen.
Wir sehen ye laider alle und klagens billich, wie die genanten gaistlichen, weyi sy
kain Oberkait noch gericht zü berichten18 gehabt, in so verkeret und verrüchtes wesen
gefallen seind19. So wäre der erschrocklich jamer zü Münster20 und ander unrath an
anderen orten auch so weytt nymmer kommen, hetten die Oberen beyzeyt ir ampt an 10
der Religion und denen, die sich der leer und des gaists Christi berhümet haben, nach
dem befelch des Herren üben wollen. Dann so Got der Oberkait sollich ansehen und
die macht verlihen hatt, das sy die menschen so gewaltig bewegt, wahin sy wille, und
hierin die wunderkraft Gottes beweyset, solte nitt leycht der Sathan alles zerstoren,
| [A 5 a] | wa sich die oberkaiten des namens Christi berhümen und aber sein reich zu 15
fürderen nichts bearbaiten wollen!
Als die welt, soweyt die von dem Romischen gewalt geregieret ward, noch nit
durchs Evangelion zü Christlicher regierung allenthalb beraidt ware, hat der Herre
durch seinen gayst den mangel des diensts der Oberen erstattet. Aber da yetz die sachen
durch das hailig Evangelion in aller welt dahin bracht waren, das die Kaiser nach irem 20
ordenlichen berüf an der Religion dienen kündten und die volcker, so sich under dem
Romischen gewalt hielten, Christlicher regierung fehig waren, da hatt der Herre auch
die Christlichen Kaiser gegeben. Und solang sich die der Religion getrewlich ange-
nommen, ist es in den Kirchen alles gar ordenlich und rechtgeschaffen nahergangen21.
Da haben wir die recht hailigen Bischoff gehebt, Ambrosium, Augustinum, Basilium, 2;
Gregorium, Chrysostomum und andre dergleichen. Sobald sich aber die Bischof der
Oberkait, das ist, der ordnung Gottes, entzogen und über allen gewalt gesetzet haben,
hatt sy der Herr also gedemütiget und in sollichen verkereten sinn stürtzen lassen, das
durch sy die Kirchen layder so erschrocklich verstoret und verwüstet worden seind,
wie das alle Gottsäligen nun ettlich hundert jar kläglich bewainet haben und noch 30
bewainen.
Also wolte yetzund der Sathan durch solchen gryff, das er die ordenlichen oberen
vom geschäft der Religion abhielte, gern zway ding erlangen: Das aine, das die Christli-
che Reformation der Kirchen, nach deren alle kinder Gottes nun so lange zeyt
schreyen, wa die nit einbrochen, aller ding noch blybe. Das ander, das sy, wa der Herr 35
dieselbige ettlichermassen verlühen22, wider zerstort wurde. Dann schlecht, wie vor
gesagt, ist das die ordnung Gottes und sein gemayner weg, wenn er ainem volck recht
18. Mahnen, monieren, berichtigen.
19. unrat müsse erwachsen, iva ain oberkait ir ampt nitt wol übet. [Marg.].
20. Der Fall von Münster (25. Juni 1535) war bei Abfassung der Vorrede noch nicht eingetre-
ten.
21. BOL 15, S. XLVIf., Anm. 188.
22. Verliehen.
 
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