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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0088
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

Sinnp: Wa bleibt aber, das wir alle bekennen, das wir am werck und der that sehen
sollen, wen Got in gewalt und oberkait gesetzet hatt. Die Bäpst, bekennest du selb,
haben die Kayser etwan entsetzet, die Fürsten und andere reychsunderthonen von irer
gehorsam entlediget und bey denselbigen vermocht, das sy andere Kaiser gewolet
haben und des rhümen sy auch eben hoch. Nun, in dem haben sy ja bewysen mit der ;
that, das sy gewalt über sy gehebt haben. Frid: Ist war. Darumb, wenn Gott das also
gibt, müß man ymmer den gewalt, der vor augen und deßhalb von Gott geordnet ist,
gehorsamen. Als da Bapst Gregorius der sibet den frummen Kayser Hainrichen den
vierten entsetzet204 und züwegen bracht, das die Fürsten seinen Sun Hainrichen den
fünfften wider den vater wolten, der auch seinen vater verrhäterlich Fienge und für in 10
Kayser ware, Da hat yederman sollen dem jungen Kayser gehorsamen und in dem auch
deß Bapsts gewalt. Gott zeüget dazumal mitt der that, das es also sein will ware. Wa
aber Got gibt, wie auch oft geschehen, das die Fürsten solchen gotlosen gebotten deß
Bapsts nit gehorchen, bleiben in gehorsame ires Kaysers, behalten ire befelch, die iren
zü regieren und vor aller unbillichait zü bewaren, wie inen das Got gebotten hat und i;
auch offt geschehen ist, Da sicht man auch in der that, das der Bapst wol understeht,
gewalt über Kaiser und Fürsten zu haben, Got gibt im aber den nit.
j G ia | Summa: Der Bapst rhümet sich sampt allen Prelaten, das sy nichts dann zü
fürdernuß der gottsäligkait zü gebieten und zü schaffen haben. Soweyt sy dann daßsel-
big thün wolten und kündten, wer wolte das von inen nit zü danck annemen? Wie dann 20
die elteren hailigen Bäpst, auch andre Bischof, nit allain bey iren Kirchen, sonder auch
bey andren etwan vil güts außgericht haben, Da durch ir personlichs haimsüchen205, da
durch anrichtung Christlicher Concilien und versamlungen, da durch schrifftliche
bericht und mainungen, da durch verstendige gotsälige bottschafften. Wie sälig weren
aber die Kirchen, wenn wir deren Bäpst und Bischof nur vil hetten, die in solchem iren 25
gaistlichen gewalt in der that bewysen?
Werden sy aber weyter gehn und gebieten, das zur gottsäligkait für sich selb nitt
dienet, so werden sollichs leybliche beschwerden sein, die man mit Got tragen mag
oder gaistliche, die man mit Got nit dulden mag. Seinds gaistliche beschwerden, so
sollen inen die gotseligen in dem nitt gehorsamen, das bekennen sy, die Bäpst, selbs. 30
Dann wider Got hat nyeman zü gebieten oder zü gehorsamen206.
207Seind es dann leibliche beschwerden und wendet uns die Got nit ab durch unsere
rechten und on mittel ordenliche obren, so brauchet yetz Gott solche verwehnete208
gaistliche Prelaten uns zur rüten und ist da Gotes gewalt und straff. Derohalb müssen
wir mit aller gedult gehorsamen. Gibt uns aber Gott ordeniiche obren, die uns solcher 35
beschwerden entheben, so thüt das Gott und nimmet damit disen gaistlichen Tyrannen
iren unbillichen gewalt, des sy sich wol anmassen, aber nitt haben, dann sy in ins werck
nit bringen künden.
204. Vgl. RGG 2, Sp. 1839.
205. Noch im ursprünglichen Sinne des Wortes: zu Hause besuchen; hier sind die apostoli-
schen Visitationen des Papstes gemeint.
206. Anspielung auf Apg 5,29.
207. Wie die Bäpstlichen beschwerden in ausseren dingen auff^unemen seind. [Marg.].
208. Vorgebliche, anmaßende.
 
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