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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0126
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I 22

OBRIGKEITSSCHRIFTEN

precht, gib richtige antwort: Als das volck Israel noch sein regiment hatt, wäre da ain
Statt in Israel vom waren Gottesdienst abgefallen und die anderen warent nach ord-
nung irer obren wider dise Stat gezogen, hetten erwürget, was darinnen gelebt, das
überig mit der Statt verbrennet und verherget, hette das volck in solchem auch recht
gethon? Sinnp: Ja, Dann gehorsamen ist mehr dann opfer A1 ‘ x . Waiß wol, wie Saul durch
unzeytige barmhertzigkait an Amaleckiten Gott schwärlich erzürnet hatt 475 . Frid: Ist
nun aber der Gott, der den ernst durch den Mose erforderet hat, nit noch Got und noch
seines sinnes wie von altem?
Sinnp: Noch ists alß am anders in der gnadenzeyt. Frid: Ists dann ungnad gewesen,
das Gott dem volck Israel solche gesatz gegeben hatt? Hart: Im fünfften büch Mose am
vierdten [5 — 8] und anderstwa mehr sagt der Herr, das er dem volck Israel in dem, das
er in das gesatz gegeben, solche gnad gethon habe, das sy daher allen volckeren auf
erden fürtreffen 476 , weiser und herrlicher zü achten seyen. Sinnp: Diß fürtreffen aber
ist des glaubens und Gotesdiensts halben. Frid: Der Herr erzelet in dem nit allain die
ordnung des Gottesdiensts, sonder auch die burgerlichen recht und das gantz gesatz.
Ists dann nun gnad und barmhertzigkait gewesen, das Gott seinem volck diß gesatz
gegeben und so strenge straff gebotten hatt, so ists noch mehr gnad und barmhertzig-
kait, daß das volck Gottes hat disem gesatz und gebotten geleben künden.
Sinnp: Es volget ja also. Dennocht kan ich das schlecht 477 nit fassen, das ain Christli-
cher Künig solte ain statt, die schon von Gott abfiele, sogleich überziehen, vich und
leüt drin j [N 2 b] | erwürgen und alles so jämerlich verhergen. Frid: Ey, die alten
haben auch nit zum ersten 478 solche strenge dürffen fürnemen. Da die dritthalb stäm-
men von Israel, denen ir land jhenseyt dem Jordan eingeben ware, ainen grossen Altar
gebawen hatten und die anderen stämmen maineten, dise wären vom rechten Gottes-
dienst abgefallen und versamleten sich zü Silo wider dise zü streyten, Da haben die
zehenthalb stämmen zuvor den obersten Priester sampt zehen mannen zü denen
jhenseyt dem Jordan geschickt und die zuvor von irem fürhaben, das sy dann vermai-
neten erger fürgenommen sein dann es ware, mit worten lassen abmanen, Josue 22
[11 ff.]. Also, wann ainem Gotsäligen Fürsten ain statt zü falschem Gotsdienst abfiele,
und er künde sy wider zum waren Gotsdienst mit worten bringen; freylich der gaist
Christi, der das volck Israel geleeret hat, die sachen bey den dritthalb stämmen zuvor
mit ainer botschaft zü versüchen, derselbige wurde auch yetz ainen recht Christlichen*
Fürsten leeren, alles zur besserung auf den miltesten weg fürzunemen, eh dann er die
straf so scharpff übete. Wa aber kain milte helffen wolte, warumb solte er nicht mit
sovil grosserem ernst dann die alten das übel in seinem reich understehn 479 außzureü-
ten, sovil er billich solle mehr dann die alten umb Got eyferen? Dann er auch die
gnaden Gottes reichlicher dann die alten in Christo, unserem Herren, empfangen hat.
Sinnp: Das ain Christlicher Fürst solche halßstarrige und in Gottlichen sachen
474. 1 Sam 15,22.
475. Vgl. 1 Sam 15,13 ff.
476. Ubertreffen.
477. Einfach.
478. Sofort, als erste Maßnahme.
479. Wagen, unternehmen.
 
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