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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0144
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

sein, wie wir auch zuvor erwysen haben, das es nit sein kan. Und wa es anderst wäre,
mochte kain Christ in der oberkait sein, dann der Christ schlecht nichts fürnemen darff,
damit er nit zü hailigung gotlichs namens und erweyterung des reychs Gottes dienen
künde. Das ist mein erste hauptursach.
592Sinnp: Die ander. Frid: Uns Christen gebüret, ainem yeden nach allem seinem
vermogen, allen dem nachzutrachten und uns alles deß zu halten, das ymmer mehr
warhafftig, erbar, gerecht, rayn, lieplich ist, das wol lautet, das ain tuget und loblich ist,
Phil. 4[8]. Das nun die, so im hochsten gewalt seind, auch mit hochstem fleyß verse-
hen, das die iren zum waren gottesdienst mit gesunder leere und ernster haußhaltung
der gemain Gottes angefüret und vorm falschen verhütet werden, das ist bey allen
Gotsförchtigen Hayden, Juden und Christen ye und ye ain fürtreffliche tuget und ain
gantz hailsam, lieplich und loblich werck erkennet und geprysen worden. Darumb
sollen die Christlichen obren in solchem werck allen anderen, die des ye gelobt worden
seind, sovil fürtreffen, sovil sy mitt dem gayst Gottes in Christo reycher begabet seind.
Das ist mein ande.re grundursach.
593Sinnp: Die dritt. Frid: Der hailig Paulus schreibt zum Timotheo in der ersten am
ersten capitel [9], Das gesatz seye gegeben den ungerechten, ungehorsamen, gottlosen,
sünderen, unhailigen, ungaistlichen etc. Und so etwas mehr der hailsamen leer des
hailigen Evangelii zuwider ist. Ist nun das gesatz den gotlosen, unhailigen und ungaist-
lichen und allen, die der hailsamen leer des hailigen Evangelii zuwider leben, gegeben
und gegen inen noch krefftig und nit aufgehaben, so solle das gesatz auch wider sy
geübet werden. Und das durch die Oberkait, die des gesatzes dienerin ist, das sy darob
halte und die straffen des gesatzes vollstrecke. Derhalb sollen unsere oberkaiten, wie
das gesatz uns weyset, gegen allen dem, so der gesunden lere in | [Q 2 b] j ainigen weg
entgegen von yeman fürgenommen wirdt, in der straff den höchsten ernst ankeren und
derohalb auch die gesunde leere und alles gottsalig leben bey den iren mit gröstem fleiß
und ernst anstellen und fürderen. Das ist die dritte hauptursach meines haltens in diser
sachen.
Sinnp: Das gesatz Mose ist aber, wie du selb bekennest, allain den Juden gegeben.
Frid: Paulus sagt, es stande und seye gegeben den ungerechten, ungehorsamen, gott-
losen, unhailigen etc.594 Sinnp: Aber von den Juden. Fnd: Paulus schreibt hie dem
Timotheo und berichtet in, wie er die Kirchen zü Epheso underrichten solte, in
welcher Kirchen nit allain Juden, sonder auch vil Hayden gewesen seind. Sinnp: Ey,
nun hastu doch selb bekennet, das gesatz Mose sey allain den Juden gegeben und binde
uns Haiden nicht. 595Frid: Im gesatz seind zwayerlay leeren: ain tayl haltet in, das der
Herr den Juden besonders und für die zeyt, die vor der zükunfft unsers Herren Jesu
gelauffen ist, gebotten hat, Als da seind alle Cerimonien ires gotsdiensts, alle satzungen
leiplicher raynigung und auch alle ordnungen der policey, sovil die mit den besonderen
und ausseren umbstenden der zeyt, statt, zal, weysen, personen verfasset seind. Sollichs

592. Die ander hauptursach. [Marg.].
593. Die dritt hauptsursach. [Marg.].
594. Vgl. 1 Tim 1,9.
595. WAzg im gesat^ uns Hayden angange. [Marg.].
 
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