DIALOGI
143
Sinnp: Ja, das solle aber mit dem wort und durch den gaist beschehen. Frid: Aigent-
lich609. Dasselbig wort aber und derselbig gaist wirt die obren treyben, in dem ir ampt
zu thün und alle falsche leere und falschen Gottesdienst, wa vonnotten, mit dem
schwerdt abzutreiben. Dann die oberen das schwerdt noch tragen und nit vergebens610,
und es schlecht wider alles, was ausserlich ergeret, brauchen sollen.
Sinnp: Ja, in den groben flaischlichen lasteren als diebstal, ehbruch, raub, mord und
dergleichen. Frid: Wa hastu in der schrift solche abtailung gelesen? Paulus und Petrus
lassen des schwerdts brauch sein611 wider das boß und die übelthater ingemain, on
ainigs außnemen.
Sinnp: Solle man aber der oberkait zügeben, das sy falsche leer und Gottesdienst
straffe, so wirdt sy alsbald die gesunde leere und waren Gottesdienst straffen und
verfolgen, wie wirs in diser zeyt also erschrocklich erfaren haben. Frid: Lieber, main-
stu, wann wir sagen werden, die obren sollen in der religionsachen nichts richten oder
straffen, das die ir wüten lassen werden, die den waren Christlichen glauben für die
ergste ketzerey verfolgen? Sinnp: Noch612 so wir bekennen, die oberkait solle verse-
hen, was man in Gottes sachen leere und in der Kirchen übe, so bestatigen wir inen ir
wüten. Frid: Wieso? Wenn wir sagen, man solle die übelthater straffen, bestatigen wir
damit der Tyrannen wütten, die frumme für übelthatter verfolgen? Falsche leer und
Gottesdienst, nit gesunde und ware leere und Gottesdienst haissen wir straffen. Diß
hat Got selb gebotten | [Q 4 b] j und wollen allweg gelten, obwol seine lieben Pro-
pheten und auch sein aingeborner Sun, unser Herr Jesus, under dem tittel umbbracht
worden seind, als ob sy falsche leer und Gottesdienst eingefürt hetten. Umb des miß-
brauchs willen der bosen müssen wir das güt nit verschweigen oder underlassen. Solte
der mißbrauch auch den rechten brauch abthün, Was ist auff erden, des wir uns gebrau-
chen mochten?
613Sinnp: Nun hatt doch D. Luther614 und andere ewres tayls im anfang auch geschri-
ben, man solie die Ketzer mit dem wort Gottes bekeren und nit mitt dem schwert. Man
müge auch wider falsche leer mit dem schwert nichts außrichten. Frid: Lieber, lise du,
was D. Luther hievon schreibt über den 83. Psalmen615. Sinnp: Ja, man sagt aber, das
dise leüt, so sy nun mainen, sy seyent gesprungen616 und dürffen sich yetz der Ketzer-
straf nit mehr besorgen, so wollen sy das blat wenden. Frid: Man sicht zwar taglich
wol, wie sy gesprungen seind und wafür man sy haltet. Sihe, mein Sinnprecht, D.
Luther und andre haben nye gelert, das die oberkaiten nit sollen falsche leere und
Gottesdienst abthün nach rechter ordnung, das sy namlich die leüt lassen züvor durch
das wort, wie Mose, Josua, Ezechias und Josias gethon, gnügsam berichten, und wa
609. Genau.
610. Vgl. Ro 13,4; 1 Petr 2, 13f.
611. Gelten.
612. Dennoch.
613. Wie ^uversthen, die Ket^er solle man mitt dem wort und nicht mitt dem schwert hekeren. [Marg.].
614. Vgl. WA 5, S. 46, Z. 20; WA 6, S. 455, Z. 22; WA 11, S. 268, Z. 22.
615. Es handelt sich um Luthers: Der 82. Psalm ausgelegt, vom Frühjahr 1530, wo dieser sich
ausführlich über die Haltung der Obrigkeit gegenüber Täufern und Ketzern äußert. Vgl.
WA 31,1, S. 207, Z. 3 3 ff.
616. Entsprungen, mit knapper Not entkommen.
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Sinnp: Ja, das solle aber mit dem wort und durch den gaist beschehen. Frid: Aigent-
lich609. Dasselbig wort aber und derselbig gaist wirt die obren treyben, in dem ir ampt
zu thün und alle falsche leere und falschen Gottesdienst, wa vonnotten, mit dem
schwerdt abzutreiben. Dann die oberen das schwerdt noch tragen und nit vergebens610,
und es schlecht wider alles, was ausserlich ergeret, brauchen sollen.
Sinnp: Ja, in den groben flaischlichen lasteren als diebstal, ehbruch, raub, mord und
dergleichen. Frid: Wa hastu in der schrift solche abtailung gelesen? Paulus und Petrus
lassen des schwerdts brauch sein611 wider das boß und die übelthater ingemain, on
ainigs außnemen.
Sinnp: Solle man aber der oberkait zügeben, das sy falsche leer und Gottesdienst
straffe, so wirdt sy alsbald die gesunde leere und waren Gottesdienst straffen und
verfolgen, wie wirs in diser zeyt also erschrocklich erfaren haben. Frid: Lieber, main-
stu, wann wir sagen werden, die obren sollen in der religionsachen nichts richten oder
straffen, das die ir wüten lassen werden, die den waren Christlichen glauben für die
ergste ketzerey verfolgen? Sinnp: Noch612 so wir bekennen, die oberkait solle verse-
hen, was man in Gottes sachen leere und in der Kirchen übe, so bestatigen wir inen ir
wüten. Frid: Wieso? Wenn wir sagen, man solle die übelthater straffen, bestatigen wir
damit der Tyrannen wütten, die frumme für übelthatter verfolgen? Falsche leer und
Gottesdienst, nit gesunde und ware leere und Gottesdienst haissen wir straffen. Diß
hat Got selb gebotten | [Q 4 b] j und wollen allweg gelten, obwol seine lieben Pro-
pheten und auch sein aingeborner Sun, unser Herr Jesus, under dem tittel umbbracht
worden seind, als ob sy falsche leer und Gottesdienst eingefürt hetten. Umb des miß-
brauchs willen der bosen müssen wir das güt nit verschweigen oder underlassen. Solte
der mißbrauch auch den rechten brauch abthün, Was ist auff erden, des wir uns gebrau-
chen mochten?
613Sinnp: Nun hatt doch D. Luther614 und andere ewres tayls im anfang auch geschri-
ben, man solie die Ketzer mit dem wort Gottes bekeren und nit mitt dem schwert. Man
müge auch wider falsche leer mit dem schwert nichts außrichten. Frid: Lieber, lise du,
was D. Luther hievon schreibt über den 83. Psalmen615. Sinnp: Ja, man sagt aber, das
dise leüt, so sy nun mainen, sy seyent gesprungen616 und dürffen sich yetz der Ketzer-
straf nit mehr besorgen, so wollen sy das blat wenden. Frid: Man sicht zwar taglich
wol, wie sy gesprungen seind und wafür man sy haltet. Sihe, mein Sinnprecht, D.
Luther und andre haben nye gelert, das die oberkaiten nit sollen falsche leere und
Gottesdienst abthün nach rechter ordnung, das sy namlich die leüt lassen züvor durch
das wort, wie Mose, Josua, Ezechias und Josias gethon, gnügsam berichten, und wa
609. Genau.
610. Vgl. Ro 13,4; 1 Petr 2, 13f.
611. Gelten.
612. Dennoch.
613. Wie ^uversthen, die Ket^er solle man mitt dem wort und nicht mitt dem schwert hekeren. [Marg.].
614. Vgl. WA 5, S. 46, Z. 20; WA 6, S. 455, Z. 22; WA 11, S. 268, Z. 22.
615. Es handelt sich um Luthers: Der 82. Psalm ausgelegt, vom Frühjahr 1530, wo dieser sich
ausführlich über die Haltung der Obrigkeit gegenüber Täufern und Ketzern äußert. Vgl.
WA 31,1, S. 207, Z. 3 3 ff.
616. Entsprungen, mit knapper Not entkommen.