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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0162
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i58

OBRIGKEITSSCHRIFTEN

Christliche gemaynschafft allerding begeben haben und aber darbey derselben auch
gemäß leben.
Und vor allem wirt kainer zur regierung sollen gewolet werden, der in der gemayn-
schafft Christi nit ain besonderen ernst beweiset. Dann in solcher policey ist das hochst
und grossest, die | [X 2 b] | leüt anfuren nach dem willen Christi zu leben. Hie in ist
dann zum vordersten vonnoten rechte leer und gemainschafft der Kirchen. Wie solten
nun dieselbigen die fürderen, die selb noch nit in der Kirchen sein wollen, Ja, sovil an
inen verdammen die gemain Gottes? Dann so sy auch wollen Christen und also von der
rechten Kirchen sein und doch die unsere meyden, zeügen sy in dem, das sy unsere
gemayn für kain ware Kirchen Christi halten.
Hart: Darumb gebote Gott seinem volck, kainen Künig von frembden volckeren,
sonder auß inen den gleubigen zu wolen699. Und im rath Jethro700, der auß dem haili-
gen gaist ware, wirdt zum fürnemesten erfordert, das die, so man zur regierung des
gotlichen volcks ziehen solle, gotsforchtig seyen, und zwar hievor hette man den nit
allain in kainem regiment, sonder auch in kainen ehrlichen gemainden geduldet, der nit
auch in hailigen Sacramenten mit den gleubigen hette gemainschafft gehabt.
Sinnp: Nun, ich müß bekennen, das bey denen am verstand und warer gotsäligkait
nit ain geringer fäl ist, die under ainer oberkait und bey ainer gemain, die die ware
Sacrament und andere haußhaltung der Kirchen nach Gottes wort halten, leben und
doch im Christlichen thün mit solcher irer oberkait und gemain nitt wollen gemain-
schafft haben, gehn ehe zü den gemaynen pfaffen oder anderen rotten, da doch leer und
Kirchenübungen offentlich, wie das alle welt bekennen müß, verkeret seind. Frid: Ja,
aigentlich nit ain geringer fehl. Dann warlich ain recht burgerlich gemüt, ain ware
gehorsame zü der oberkait und ain satte liebe zü der gemain, bey deren ainer wohnet,
die vermag, das ainer sein leben für sein oberkait und gemain setzet; wie solten dann
solche gehorsame und liebe erleiden mügen, das ainer sich m der religion, welche den
Christen allweg das hochst ist, von seiner oberkait und gemain sünderen701 solte, wa in
darzü nitt das gewisse und onzweyflich wort Gottes tribe?
702Hart: Jawol, das wort Gottes. Man sicht am leben wol, was yeden treibet. Wäre
nicht nutz und gunst, den man von den widerwertigen der Christlichen policey verhof-
fet, und der | T 3 a \ verdruß und unwillen gegen der oberkait und gemain, der Got-
tesforcht und des gewissens halb, wurden sich von unserer gemain nit vil leüt sünde-
ren. Sinnp: Hiezü geben aber die eweren offt groß ursachen mit irem ungeschickten
reden und leben, Das man zwar auch bey inen wenig religion, sonder mehr unzeytig
neweren, verachten der anderen, bolderen703 und stürmen sicht. Frid: Diser unge-
schicke wirt jhene nit entschuldigen wie auch jhener ungeschicke dise nicht. Darzü, so
reden wir hie von ainer recht Christlichen policey, in deren man allen frävel und was
yeman verletzen mag, dapfer straffet und abstellet.
699. Vgl. 1 Sam 9,16: Saul wird aus dem Stamm Benjamin, also aus dem eigenen Volk, zum
König gesalbt.
700. Vgl. 2M0S 18,19ff.
701. Absondern, trennen.
702. Am leben sicht man, wasyeden treybt. [Marg.].
703. Poltern.
 
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