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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0087
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VON DER WAREN SEELSORGE

83

Scheidung warten. Am z. Februar 1534 reichten sie eine Klage ein: Die
Obrigkeit hätte wohl der Kirche helfen können, wenn sie ihr Amt zu
Gottes Ehre brauchte. Die Prediger können ihr den Vorwurf nicht
ersparen, daß man sich nur der päpstlichen Gewalt entzogen hätte, aber
keine christliche Zucht dulden wolle. Die Obrigkeit habe darauf zu
sehen, daß der Sonntag geheiligt und die Bürger angehalten werden,
sich nach Gottes Wort zu richten, statt zu zechen und unnötige Geschäfte
zu treiben.

Bucer hatte auch in seinen in Augsburg 1535 verfaßten und veröffent-
lichten »Dialogi 56« festzustellen versucht, »Wie weyt die Oberkait die
Religion versehen solle 57«. Da betont er, daß Gott die Oberen als
Väter gesetzt hat und diesen die Pflicht gegeben hat, »mit höchstem
fleiß und ernst zu regieren«. Zu den ersten Sorgen der Obrigkeit gehört
daher die Vorsorge für »das Gehör götlichs worts«. Das dritte, was die
Obrigkeit zu bedenken hat, ist ihre Aufgabe, die Untertanen anzuhalten
»zu dem gehör götlichs worts, und das sie demselbigen auch geleben
und sich in die gemein gots recht begeben 58«. Aus der Pflicht, für die
Predigt des Evangeliums zu sorgen, folgt daher des weiteren, daß jedes
Widersprechen und jede falsche Lehre vermieden werden. Die Obrig-
keit wird zwar niemand nötigen, sich zum rechten Glauben zu bekennen
und das heilige Sakrament zu empfangen, aber sie kann auch die Gottes-
verächter unmöglich gewähren lassen.

Nachdem Capitos »Responsio de missa, matrimonio et iure magi-
stratus in religionem« 15 3 7 59 erschienen war, in der die Hilfestellung
der Obrigkeit für die Kirche verlangt wurde, mußte Bucer seinen
Standpunkt ebenfalls genauer ausprägen. In seinem »Scriptum de matri-
moniis « vom 8. Januar 15 34 60 hatte auch er sich zu den für die kirchliche
Praxis brennenden Fragen geäußert. Nun legt er in unserer Schrift
seinen Standpunkt in aller Deutlichkeit klar. Er wünschte keinen staats-
kirchlichen Zustand. Die Obrigkeit sollte ihre gottgegebene Pflicht
erfüllen, aber nicht die Rechte der Kirche schmälern.

Bucer kämpfte dagegen, daß kirchliche Ämter durch obrigkeitliche
Einwirkung besetzt würden, was bei den Überschneidungen von welt-
lichen und geistlichen Aufgaben und Pflichten zu seiner Zeit noch nicht
zu vermeiden war.

Da weder vom Rat noch von den Kirchspielpflegern selbst Unter-
stützung und Bestätigung zu erlangen war, griffen die Prediger zur
Selbsthilfe. Sie beauftragten Bucer, in ihrem Namen eine Grundschrift

56. Bibi. Nr. 50.

57. Bl. S 2 b Marg.

58. Bl. 53a.

59. /. W. Baum, S. 584, Nr. 38.

60. Schieß I, S. 461, 466.
 
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